Art. 29
1 Wird jemandem die Führung
seines Namens bestritten, so kann er auf Feststellung seines
Rechtes klagen.
2 Wird jemand dadurch
beeinträchtigt, dass ein anderer sich seinen Namen anmasst, so kann er
auf Unterlassung dieser Anmassung sowie bei Verschulden auf
Schadenersatz und, wo die Art der Beeinträchtigung es rechtfertigt, auf
Leistung einer Geldsumme als Genugtuung klagen.
Literatur
Aisslinger, Der
Namensschutz nach Art. 29 ZGB, Diss. Zürich 1948; Brosset, Schutz der Persönlichkeit III, SJK 1167, Genf 1978; Baudenbacher, Lauterkeitsrecht,
Kommentar zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), Basel-Genf-München
2001; Brückner, Das Personenrecht
des ZGB, Zürich 2000; Büchler,
Die Kommerzialisierung Verstorbener, AJP 2003, 3; Bühler, Grundlagen des materiellen Firmenrechts, Diss. Zürich
1991; Buri, Die Verwechselbarkeit
von Internet Domain Names, Diss. Bern 2000 (zit. Verwechselbarkeit); ders., Domain-Namen, SIWR III/2, 2.
Aufl. Basel/Frankfurt a.M. 2005 (zit. Domain-Namen); Celli, Der internationale Handelsname, Diss. Zürich
1993; ders., Internationales Kennzeichenrecht,
Basel 2000; David,
Schweizerisches Werberecht, 1977; Forstmoser
(Hrsg.), Kommentar zum Schweizerischen Anlagefondsgesetz, Zürich 1997; Geiser, Die Persönlichkeitsverletzung
insbesondere durch Kunstwerke, Basel 1990; Fezer,
Markenrecht, 3. Aufl.,
München 2001; Gilliéron, Les
divers régimes de protection de signes distinctifs et leurs rapports avec le
droit des marques, Diss. Lausanne 2000; Hilti, Firmenrecht, Schutz nicht registrierter
Zeichen, SIWR III/2, 2. Aufl. Basel/Frankfurt a.M. 2005; Küng/Büchi, AFG, Materialien zum BG
über die Anlagefonds vom 18. März 1994, Zürich 1995; Lack, Privatrechtlicher Namensschutz (Art. 29 ZGB), Diss.
Bern 1992; Joller,
Verwechslungsgefahr im Kennzeichenrecht, Diss. St. Gallen 2000; Lutz/Hilti,
Der Schutz des Familiennamens im Handelsverkehr, in: FS R. E. Blum, Zürich
1989, 61 ff.; Meisser/aschmann, Herkunftsangaben
und andere geographische Bezeichnungen, SIWR III/2, Basel/Frankfurt a.M. 1996; Müller/Streuli-Youssef/Guyet, Wettbewerbsrecht,
Lauterkeitsrecht, SIWR V/1, Basel/Frankfurt a.M. 1994; Pedrazzini, Unlauterer Wettbewerb UWG, Bern 1992; Marbach, Markenrecht, SIWR III,
Basel/Frankfurt a.M. 1996; Six,
Der privatrechtliche Namensschutz von und vor Domainnamen im Internet, Diss.
Zürich 2000; Pedrazzini/von
Büren/Marbach, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bern 1998; Riemer, Persönlichkeitsrechte und
Persönlichkeitsschutz im Verhältnis zum Datenschutz-, Immaterialgüter- und
Wettbewerbsrecht, sic! 1999, 103 ff.; Troller,
Kollisionen zwischen Firmen, Handelsnamen und Marken, Diss. Bern 1980; Troller/Troller,
Kurzlehrbuch des Immaterialgüterrechts, 3. Aufl. Basel/Frankfurt a.M. 1989; Trümpy-Waridel, Le droit de la personnalité des Personnes morales et
en particulier des sociétés commerciales, Diss. Lausanne
1986; Weber, E-Commerce und
Recht, Zürich 2001; ders.,
Unlautere Verwendung von Domain-Namen, SZW 2000, 260 ff.; Willi, Markenschutzgesetz, Kommentar
zum schweizerischen Markenrecht unter Berücksichtigung des europäischen und
internationalen Markenrechts, Zürich 2002. Vgl. ferner die Literaturhinweise zu
Art. 28.
Inhaltsübersicht
I. Normzweck:
Namensschutz als Persönlichkeitsschutz 1
II. Allgemeine
Grundbegriffe des Namensschutzes 4
1. Kennzeichen
mit Namensschutz 4
a) Gesetzliche Namen 4
b) Namen kraft Zeichengebrauchs 7
c) Sonderfall: ausländische Handelsnamen 10
2. Das
subjektive Namensrecht 12
a) Allgemeines – Kreis möglicher
Namensberechtigter 12
b) Erwerb des Namensrechts 15
c) Natur und Inhalt des subjektiven
Namensrechtes 18
3. Verkehrsauffassung 21
a) Namensrechtliche Rolle der Verkehrsauffassung 21
b) Gegenstand der Verkehrsauffassung 23
c) Richterliche Feststellung der
Verkehrsauffassung 24
4. Namensrechtsbestand
als Schutzvoraussetzung 25
a) Namensschutzfrage als Bestandesfrage 25
b) Namensschutzunfähige Zeichen 26
c) Erlöschen des Namensschutzes 28
5. Schutzumfangbestimmender
Namensgebrauch 29
III. Unbefugte
Namensanmassung 31
1. Der
Schutztatbestand des Art. 29 Abs. 2 (Übersicht) 31
a) Gesetzliche Ausgangspunkte 31
b) Schaffen von Verwechslungsgefahr 32
c) Beeinträchtigung rechtlich
schützenswerter Interessen 35
2. Namensanmassungen
als Zeichengebrauch 37
a) Namensmässiger Zeichengebrauch als
Namensanmassung 37
b) Anmassender nichtnamensmässiger
Zeichengebrauch 39
c) Blosse Namensnennungen und dgl. 41
3. Namensrechtlich
massgebende Verwechslungsgefahr 43
a) Ausgangspunkte 43
b) Massgeblichkeit der
Verkehrsauffassung 46
c) Kriterien abstrakter Feststellung der
Verwechslungsgefahr 49
d) Rolle tatsächlich vorgekommener
Verwechslungen 52
4. Interessenabwägung
bei Verwechslungsgefahr 53
a) Ausgangspunkte 53
b) Grundregel: Massgeblichkeit des
Prioritätsprinzips 56
c) Sonderregeln: Koexistenzberechtigung
verwechselbarer Zeichen 59
5. Bedeutung
des Schutztatbestandes des Art. 29 Abs. 2 für Firmen 61
IV. Anspruchs-
und Klageordnung des Namensschutzes 64
1. Übersicht 64
a) Rechte und Ansprüche gemäss Art. 29 64
b) Feststellung des Namensrechts (Art.
29 Abs. 1) 65
c) Ansprüche und Klagen wegen unbefugter
Namensanmassung (Art. 29
Abs. 2) 66
2. Unterlassungs-
und Beseitigungsklagen – vorsorgliche Massnahmen 68
3. Anspruchsverwirkung
– Anspruchsverzicht 71
V. Mehrgleisigkeit
des Namensschutzes 73
I. Normzweck: Namensschutz als
Persönlichkeitsschutz
1
Normzweck des
Art. 29 ist Rechtschutz der Person hinsichtlich ihres Namens, wozu Abs. 1 den
Namensträgern ausdrücklich ein subjektives Namensrecht verleiht. Der Name ist
Bestandteil der Persönlichkeit (BGE 108 II 162) und das Recht auf den Namen ein
Persönlichkeitsrecht (N 12). Daher stellt der Namensschutz nach Art. 29
nichts anderes als einen Sonderfall des Persönlichkeitsschutzes dar, wie
ihn Art. 28 ZGB allgemein gewährleistet (BGE 120 III 63; BGer in ZR 91 Nr. 38,
143 – Prosoft; 116 II 469 – Coca-Cola). Umgekehrt lässt die Rechtsprechung
längst den allgemeinen Persönlichkeitsschutz des Art. 28 u.U. bei
persönlichkeitsverletzenden Namensverwendungen zum Zuge kommen, die ihr als
nach Art. 29 nicht fassbar erscheinen (BGE 102 II 166 - Otto Naegli-Stftung; 97
II 159 – Isola-Werke; weitere Bsp. N 41 f.; vgl. auch Riemer, 105 Anm. 30).
2
Der Name
gemäss Art. 29 ZGB ist ein sprachliches Kennzeichen, das der Unterscheidung
einer Person von allen anderen und ihrer Kennzeichnung dient (vgl. etwa BGE 108 II 162, Buri,
Verwechselbarkeit, 115). Diese gesetzliche Kennzeichenbedeutung des
Namens wird im Gesetz zwar nicht ausdrücklich festgelegt (anders MSchG Art. 1
Abs. 1 für die Marken), lässt sich aber ohne weiteres der Eigenart der im ZGB
selber geregelten Namen natürlicher Personen gewinnen: der Name ist Ausdruck
der Identität sowie Individualität seines Trägers (BGE 122 III 416), er hat Identifikationsfunktion (BGE 128 III
358 = Pra 92, 10 - Montana). Eine der Namensfunktionen ist stets und
notwendigerweise die Unterscheidungsfunktion. Blosse
Namensnennung genügt, und man weiss gegebenenfalls, wer gemeint ist. Der Name
erfüllt damit die wichtige – auch im öffentlichen
Interesse liegende – Aufgabe, seinen Träger in die umfassende
Gemeinschaft einzuordnen (BGE 108 II 162), ihn in seinen sämtlichen Tätigkeits-
und Wirkungsbereichen von allen anderen unterscheidbar zu machen (vgl. auch
N 19). In der Regel haben Namen zudem eine Kennzeichnungswirkung, derzufolge
sich mit der Namensnennung mehr oder weniger deutliche Vorstellungen über den
Namensinhaber und dessen Eigenschaften (über seine Individualität) einstellt,
so bei bürgerlichen Namen v.a. auch über die Familienzugehörigkeit (BGE 129 III
272 f. = Pra 92, 1068 f. - de Marval; 126 III 2 – Radici, 119 II 308 –
Fornaciarini; aufschlussreich auch Breitschmid,
AJP 2003, 706, zu BGer 5C.163/2002 - Imbrahimi). Der Name wird damit, was über
seine reine Unterscheidungsfunktion hinausgeht, zum kommunikativen Träger des (guten
oder schlechten) Rufes seines Inhabers.
3
Objekte des
Namensschutzes nach Art.
29 sind zunächst ohne weiteres die im ZGB geregelten Namen natürlicher und
juristischer Personen, nach Lehre und Rechtsprechung aber zudem auch alle
weiteren Arten von Kennzeichen, die Wortzeichen sind und derer sich mögliche
Inhaber von Persönlichkeitsrechten (gemäss Verkehrsauffassung) namensmässig
bedienen können (N 7 ff.; zu den Bildzeichen N 26). Art. 29 ist
somit Generalklausel des Namensschutzes
und sein Namensbegriff reicht demzufolge weiter als in allen anderen
namensrechtlichen Bestimmungen des ZGB. Wegen der auch namensrechtlichen Rolle
des allgemeinen Persönlichkeitsschutzes nach Art. 28 (N 1) erübrigt es
sich aber, den Anwendungsbereich des Art. 29 auf Kennzeichen auszudehnen, die
eine Person bestenfalls bloss noch mittelbar – z.B. als Bezeichnung deren
Unternehmens – kennzeichnen (Fezer,
§ 15 MarkenG, N 22, zu Art. 28 ZGB; vgl. auch N 8 f.).
II. Allgemeine Grundbegriffe des
Namensschutzes
1.
Kennzeichen mit Namensschutz
a) Gesetzliche Namen
4
Schutz nach Art.
29 geniessen zunächst die natürlichen Personen für ihre gesetzlichen Namen,
d.h. ihre bürgerlichen bzw. amtlichen Namen (vgl. Art. 30 N 4). Das
sind die Familiennamen (Art. 160 und 270), die eherechtlichen Doppelnamen (Art.
160 Abs. 2), die Allianznamen (Art. 160 N 18 ff.) sowie die Vornamen
(Art. 267 Abs. 3, 301 Abs. 4). Ferner sind die Namen der juristischen Personen
des ZGB, also die Vereins- bzw. Stiftungsnamen, gesetzliche Namen
gemäss Art. 29 und damit entsprechend schutzfähig (BGer 5C.76/2004, E. 1 -
Swiss Dentists' Society; BK-Riemer,
Art. 53 N 16; Meier-Hayoz/Forstmoser,
162, § 7 N 17 ff.).
5
Die – im OR
geregelte – Firma ist dasjenige Kennzeichen, das den Einzelkaufleuten
sowie den ausländischen Zweigniederlassungsinhabern als auf ihr Gewerbe
(Geschäft, Unternehmen) bezogener Name bzw. den Handelsgesellschaften sowie
Genossenschaften als Name schlechthin dient, und das als solcher Name im
Handelsregister eingetragen ist. Dieser (von Bühler,
1 entwickelten) Firmendefinition, wonach die Firma einzig die Bezeichnung
eines Rechtssubjektes (eines Firmeninhabers) ist, und nicht
auch allfällig von diesem betriebene Geschäfte bzw. Unternehmen
(Rechtsobjekte) identifiziert (Meier-Hayoz/Forstmoser,
160, § 7 N 4 f.), folgt die heutige Lehre nahezu «einmütig» (Joller, 80; weitere Nw. bei Buri, Verwechselbarkeit, 66 sowie Hilti, 3). Mithin ist die Firma die im
Handelsregister eingetragene Namenssonderform des OR (Bühler, 2; so schon BGE 59 II 161 –
Migros AG). Namen gemäss Art. 29 ZGB sind daher die – sich mit den bürgerlichen
Namen (N 4) der Einzelkaufleute oftmals nur teils deckenden – Einzelfirmen
(OR-Altenpohl, Art. 947 N 6;
Lack, 68 f.), die
Firmen der Kollektiv- und Kommanditgesellschaften (Appellationshof VS RFJ-FZR
1999, 59; Lack, 77) sowie die
Firmen der juristischen Personen des OR (BK-Riemer,
Art. 53 N 16), also jene der Aktiengesellschaft, Kommanditaktiengesellschaft,
GmbH und der Genossenschaft. Die Firmen sind zwar auch nach Art. 29 geschützt,
jedoch im Verhältnis zum Firmenschutz nach Art. 956 OR nur subsidiär
(N 61 ff.).
6
Namen im Sinne
des Art. 29 sind auch die Namen öffentlich-rechtlicher Körperschaften und
Anstalten (statt aller BGE
128 III 401 - Luzern; Meisser/Aschmann, 324
ff.). Staaten, Kantone,
Bezirke und Gemeinden sowie deren Anstalten können daher ihre Namen
gestützt auf Art. 29 verteidigen. Hiervon wurde bis vor einiger Zeit
offenbar eher selten Gebrauch gemacht (vgl. immerhin BGE 112 II 369 – Hotel
Appenzell; BGE 72 II 145 – Surava; HGerZH ZR 95, 50), Art. 29 hat aber zur
Abwehr des Gebrauchs solcher Namen in Domain-Namen (N 9) Privater einige
Bedeutung (BGE 128 III 353 = Pra 92, 7 - Montana; BGE 128 III 401 - Luzern; BGer 4C.141/2002 - DJ Bobo; vgl. auch Six, 84 ff.).
b) Namen kraft Zeichengebrauchs
7
Grundsätzlich
sind nicht nur die gesetzlichen Namen (N 4 ff.), sondern beliebige
(rechtmässige) Wortzeichen (nicht aber Bildzeichen; N 26) nach Art. 29
schutzfähig. So anerkennen Lehre und Rechtsprechung vielfältige Zeichen als nichtgesetzliche
Namen inländischer Inhaber (zu den ausländischen Handelsnamen,
N 10 f.). Das gilt zunächst für Pseudonyme (BGer 4C.141/2002, E. 3 - DJ Bobo; BGE 92 II 310 –
Sheila; 112 II 63 – Monti; 108 II 163), so insbesondere für Vornamen in
Alleinstellung (Lack, 53) als
Spezialfall der Pseudonyme, und für Spitznamen (Geiser, 36). Des Weiteren können auch Kurzbezeichnungen u.dgl.
(BGE 80 II 285 – Bund Schweizer Architekten BSA; 87 II 47 – Quick) wie etwa
Akronyme für Namensträger (AmtsGerPräs Bern-Laupen sic! 2004, 31- FMH) – neben
dem abgekürzten Namen eigenständige – Namen darstellen. Die blosse
Namenseignung solcher Zeichen reicht für den Schutz nach Art. 29 freilich nicht
aus. Hierfür ist vielmehr im konkreten Fall ein Gebrauch des Zeichens erforderlich,
aufgrund dessen der Verkehr es als Namen seines Inhabers auffasst (BGer
4C.31/2004, E. 5- Riesen), es also Geltung als Name erlangt hat (N 16).
8 Enseignes
und (sonstige) Geschäftsbezeichnungen sind
Bezeichnungen von Geschäftslokalen oder
Geschäftsbetrieben (Art. 48 HRegV; BGE 112 II 369 ff. – Hotel
Appenzell). Sie bezeichnen nicht den Geschäftsinhaber selber (BGE 130 III 62,
E. 5.2 - JohnsonDiversey Schweiz; BGer 4C.120/2005, E. 4.1 - Institut de beauté
Atlantis), sondern sind Bezeichnungen von Rechtsobjekten (Bühler, 78 ff., zustimmend Hilti, 4 f.). Die (fakultative)
Eintragung von Enseignes und Geschäftsbezeichnungen in das Handelsregister hat
blosse Beweisfunktion, begründet keinerlei Recht auf deren ausschliesslichen
Gebrauch (Art. 48 HregV; BGE 130 III 62, E. 5.2 - JohnsonDiversey Schweiz) und
damit auch keine Ansprüche auf Firmenschutz (Hilti,
4 f., 54 f., 56, 120; BK-Küng,
Art. 932 N 298; unrichtig Hausheer/Aebi-Müller,
251). Die Lehre anerkennt Enseignes und Geschäftsbezeichnungen aber ohne
weiteres als Namen (z.B. Meier-Hayoz-Forstmoser,
164 N 21 f.). Das muss indessen mit Buri
(Verwechselbarkeit, 116 Anm. 580, und 178 f.) differenziert werden.
Enseignes und sonstige Geschäftsbezeichnungen geniessen nur Namensschutz, wenn
sie sich (gemäss Verkehrsauffassung; N 16) geradezu zu Namen ihres
Inhabers entwickelt haben (so wie hier Buri
a.a.O. unter Hinweis auf BGE 76 II 91 – Cinéac) oder gar zum Bestandteil
einer allfälligen Firma gemacht worden sind (Meier-Hayoz-Forstmoser,
a.a.O.). Trifft dies zu, so wird ein Zeichen bald als Name (Firma) seines
Inhabers, bald ganz oder teilweise als Name dessen Geschäftes – mit oder ohne
Bezug zu einer Lokalität – verwendet. Bei solcher Gleichnamigkeit liegen aber
zwei verschiedene Zeichen vor, sind doch Zeichen mit verschiedenem
Kennzeichnungsgegenstand wegen dieser Verschiedenheit unterschiedliche
Zeichen (Buri, a.a.O., ferner Bühler, 77 f. und 80 f., Fezer, MarkenG, § 15 N 107).
Enseignes und sonstige Geschäftsbezeichnungen stellen daher als solche keine
Namen gemäss Art. 29 dar (vgl. auch vorne N 3; ohne nähere Begründung a.M.
Baudenbacher, UWG Art. 3 lit.
d, N 122), geniessen aber gegebenenfalls Schutz nach Art. 28 ZBG (BGE 64
II 250; a.M. Troller,
Kollisionen, 173).
9 Domain-Namen
sind - grundsätzlich frei wählbare -
alphanummerische Bezeichnungen für Netzwerkadressen im Internet als weltweiten Verbund von Computernetzwerken (Bsp.:
www.bger.ch=212.203.97.213). Sie identifizieren nur die an das Internet angeschlossenen
Rechner, kennzeichnen also an sich weder eine Person noch ein bestimmtes
Unternehmen (zu den technischen Einzelheiten BGE 128 III
356 ff. = Pra 92, 10 f. - Montana; BGer 4C.141/2002,
E. 3 - DJ Bobo; Buri,
Domain-Namen, 339 ff.; wewgweisend ferner Fezer,
246 ff., N 296 ff.). Vielmehr sind sie (falls nicht bloss auf Vorrat
registriert, sondern aktiv) aus Sicht der Internetbenützer das Kennzeichen einer Website, die oft
geradezu ein virtuelles Geschäftslokal
ist (Bock/Buri, in sic 2003, 574.
Bsp.: ebay.ch). Domain-Namen können je
nach Ausgestaltung auch eine hinter dieser stehende Person
identifizieren und sind dann als Kennzeichen mit Namen vergleichbar (BGE 128
III 356 ff. = Pra 92, 10 f. -
Montana; 126 III 244 – berneroberland.ch; BGer 4C.376/2004,
E. 3.1 - Maggi; 4C.141/2002, E. 3 - DJ Bobo). Auch hier gilt, dass geeignete Wortzeichen beliebiger Art
Namen i.S.v. Art. 29 sein können bzw. dann sind, wenn die beteiligten
Verkehrskreise sie als solche auffassen (N 7; vgl auch Buri, Domain-Namen, 378). Verwendet der
Verkehr (N 16) einen Domainnamen, um sich direkt auf dessen Inhaber
zu beziehen, entsteht aus dem fraglichen Domainnamen ein
Namen nach Art. 29 (Buri,
Domain-Namen, 378; ders. a.a.O., 376 f. auch zur Verwendung von Domain-Namen in
Firmen). Wiederum ist in solchen Fällen Gleichnamigkeit (N 8)
gegeben, und zwar hier des Inhabers des Domain-Namens und dessen Website. Weil
dabei unterschiedliche Zeichen vorliegen, erweitern die Domainnamen als solche
den Kreis der nach Art. 29 schutzfähigen Kennzeichen nicht (im Ergebnis wie
hier Buri, Domain-Namen, 343 f.:
mittelbare Namensfunktion der Domain-Namen; a.M., Six, 17 ff.). Umgekehrt stellen
Domainnamen aber, was auf einer andern Ebene liegt, immer häufiger Mittel
von Namensverletzungen dar (N 11, 37, 40).
c) Sonderfall: ausländische Handelsnamen
10
«Handelsname» ist
zunächst ein Begriff der internationalen Kennzeichenrechtsdiskussion und als
solcher für deren Vokabular unverzichtbar (Celli,
Kennzeichenrecht 111 ff.). Positivrechtlich ist der Handelsname sodann
Regelungsobjekt der PVÜ, der auch die Schweiz als Verbandsland angehört (ferner
zur Integration der PVÜ in TRIPS, Celli,
Kennzeichenrecht, 68 ff.). In diesem letzteren Sinne sind Handelsnamen
alle namensmässig identifizierenden ausländischen Unternehmenskennzeichen,
soweit sie nicht durch Eintrag in das (schweizerische) Handelsregister zu
(schweizerischen) Firmen (Zweigniederlassungsfirmen; N 5) geworden sind (Baudenbacher, UWG Art. 3 lit. d
N 25; Fezer, Art. 8 PVÜ,
N 1; ferner Gilliéron,
108 ff.).
11
Ausländische
Handelsnamen sind durch Art. 8 PVÜ in allen Verbandsländern ohne Verpflichtung
zur Hinterlegung oder Eintragung geschützt (und auch unabhängig davon, ob
Bestandteil einer Fabrik- oder Handelsmarke bildend oder nicht). Es besteht
jedoch kein direkter staatsvertraglicher Schutz, sondern lediglich der Grundsatz
der Inländerbehandlung: gemäss Art. 2 Abs. 1 PVÜ ist den ausländischen
Handelsnamen gleicher Schutz zu gewähren wie vergleichbaren inländischen
Zeichen (BGer 4C.199/2001, E. 5b - Audi; Fezer,
Art. 2 PVÜ, N 1 ff.; Celli,
Kennzeichenrecht, 216 ff.). Nach grundsätzlich dieser Massgabe, u.U. aber
auch unter erleichterten Voraussetzungen können ausländische Handelsnamen
Namensschutz nach Art. 29 erlangen (Einzelheiten in N 17; Bsp.: BGE 114 II
106 ff. – Cebit; 109 II 483 ff. – Computerland; 79 II 315 –
Interchemical Corporation; Celli,
Handelsname, passim; Pedrazzini/von
Büren/Marbach, 152 f.; Streuli-Youssef, 162 f.; Troller/Troller, 229; Hilti,
95; vgl. auch Art. 157 Abs. 2 IPRG).
2. Das subjektive Namensrecht
a) Allgemeines – Kreis möglicher
Namensberechtigter
12
Art. 29 verleiht
den Namensträgern ein «Recht auf den Namen» (N 1), das ein
Persönlichkeitsrecht und kein Vermögensrecht ist (BGer 5C.76/2004, E. 1 -
Dentists' Society; BGE 101 II 191, 118 II 5 – Bigot de Morogues; Pra 76, 618 =
nicht abgedruckte Erwägungen des BGE 113 II 73 ff. – Fortunoff) sowie auch
nicht dem Immaterialgüterrecht angehört (BGer 4C.141/2002, E. 2 - DJ Bobo).
Durch diese individual- bzw. subjektivrechtliche Konzeption hebt sich
der (unmittelbare) Namensschutz nach Art. 29 vom bloss mittelbaren
Kennzeichenschutz nach UWG ab, mag Letzterer im Ergebnis einem Recht am
einzelnen Zeichen auch sehr nahe kommen (Weber,
SZW 2000, 261, Buri,
Verwechselbarkeit, 136; vgl. ferner Baudenbacher,
UWG Art. 1 N 6).
13
Möglicher Träger
eines subjektiven Namensrechtes kann nur sein, wer als Inhaber von
Persönlichkeitsrechten in Frage kommt. Das trifft zunächst für alle natürlichen
Personen zu. Juristische Personen sind gemäss Art. 53 ZGB aller Rechte
fähig, die nicht die natürlichen Eigenschaften des Menschen zur notwendigen
Voraussetzung haben. Das Namensrecht ist ein Recht dieser Art, so dass juristischen
Personen des privaten wie des öffentlichen Rechts Namensrechte gemäss Art.
29 zustehen (BK-Riemer, Art. 53
ZGB, N 16). Gleiches gilt ferner für die Kollektiv- und
Kommanditgesellschaften (Appellationshof VS RFJ-FZR 1999, 59; BK-Riemer, system. Teil von Art.
52 ff. ZGB, N 39).
14
Zu den Namen
gemäss Art. 29 gehören die Bezeichnungen von Rechtsgemeinschaften wie Stockwerkeigentümergemeinschaften
(BK-Meier-Hayoz/Rey, Art.
712l N 16) und einfache Gesellschaften (OGer ZH SMI 1995,
139 ff. – swica; vgl. ferner Hilti,
21, 153, Meier-Hayoz-Forstmoser,
299 N 69 f.), etwa Gründergesellschaften für juristische Personen.
Weil solche Gemeinschaften jedoch nicht mögliche Träger von
Persönlichkeitsrechten (N 13) sind, stehen hierbei die Namensrechte nicht
ihnen als solchen, sondern deren Mitgliedern gemeinschaftlich zu (BK-Meier-Hayoz/Rey, syst. Teil N 49; BK-Riemer, syst. Teil zu Art. 52 ff.
N 39; vgl. auch Lack, 73).
Bei Anlagefonds ist für den Schutz deren Namen das ZGB, das UWG oder das
MSchG massgebend (AFG-Bühler,
Art. 5 N 3 und N 27). Mithin können an sich auch Namen von
Anlagefonds Namen gemäss Art. 29 ZGB sein (Botschaft AFG, 48; Küng/Büchi, 121; kritisch AFG-Winzeler, Art. 7 N 26). Als
Namensträger kommen dabei aber weder der Anlagefonds noch die Anleger in
Betracht, weil der Fonds weder eine juristische Person (N 12) ist, noch
eine Rechtsgemeinschaft (der Anleger) darstellt. Hingegen umfasst die
treuhänderische Stellung der Fondsleitung (AFG-Steiner,
Art. 2 N 22) ohne weiteres auch, allfällige Schutzrechte am Namen des
Fonds auszuüben (a.M. und ebenso vertretbar KF-Forstmoser, Art. 7 N 42, wonach diesbezüglich Art. 28
anzuwenden sei).
b) Erwerb des Namensrechtes
15
Natürliche
Personen erwerben ihre bürgerlichen Namen und damit ihr diesbezügliches
Namensrecht (N 12) grundsätzlich von Gesetzes wegen, wie etwa durch
Namensgebung bei der Geburt oder Adoption, bei einer Namensänderung und einer
Namenswahl bei Heirat oder Scheidung. Gleichermassen ex lege können und müssen
auch die juristischen Personen des ZGB für ihre gesetzlichen Namen Träger
von Namensrechten sein (BK-Riemer,
Die Vereine, syst. Teil N 381), so dass bei diesen das Namensrecht durch
Erwerb der Rechtspersönlichkeit entsteht. Ein Zeichengebrauch ist für diesen Rechtserwerb
kraft Gesetzes nicht erforderlich, wohl aber massgebend für den sachlichen
und örtlichen Schutzumfang (N 29 f.). Einen Sonderfall stellen die
Firmen (N 5) dar, indem an diesen neben dem Namensrecht durch den Eintrag
in das Handelsregister auch ein subjektives - mehrheitlich als
Persönlichkeitsrecht aufgefasstes - Firmenrecht erworben wird (Hilti, 5 ff.)
16
Über den
gesetzlichen Rechtserwerb hinaus lassen sich Namensrechte durch rechtserzeugenden
Namensgebrauch begründen. Dies geschieht durch namensmässige (nicht bloss
interne) Ingebrauchnahme eines von Haus aus unterscheidungskräftigen
Zeichens, oder bei Fehlen solcher Unterscheidungskraft durch einen
ständigen und unbestrittenen Zeichengebrauch (BGE 92 II 310 = Pra 1967,
205 – Sheila), der zu einer Verkehrsdurchsetzung führt. Stets müssen
diese beiden Tatbestände, die meist fliessend ineinander übergehen, bewirken,
dass der Verkehr (N 21 ff.) das fragliche Zeichen als Namen eines
möglichen Namensträgers (N 13 f.) auffasst. Das für eine solch
dauerhafte Verkehrsbekanntheit (BGE 92 II 310: notoriété durable) bzw. Verkehrsgeltung
(vgl. z.B. HGer AG sic! 2000, 624 ff. m.w.H –
www.swisslawyers.com) nötige Ausmass an Zeichenoriginalität und/oder an
verkehrsdurchsetzendem Zeichengebrauch ist im Einzelnen oft nicht leicht zu
bestimmen. Allein massgebend bleibt dabei jedenfalls stets die
Verkehrsauffassung (N 21 ff.). Nach ihr bestimmt sich etwa, um ein
besonders aktuelles Beispiel zu nennen, der Namensrechtserwerb an Zeichen, die
(gleichzeitig auch) Domainnamen sind (Buri,
Domain-Namen, 378; ferner vorne N 9).
17
Grundsätzlich
müssen bei ausländischen Handelsnamen für den Erwerb von Namensrechten
durch Zeichengebrauch (N 16) – neben der Namenseignung nach
schweizerischem Recht (N 7) – dieselben weiteren Voraussetzungen gegeben
sein, wie für den Namensrechtserwerb an gleichartigen Inlandskennzeichen
(N 11). Es gelten hier jedoch Besonderheiten. Bei einem unterscheidungskräftigen ausländischen
Handelsnamen kann wegen des Grundsatzes der Inländerbehandlung nicht mehr
verlangt werden, als eine Gebrauchsaufnahme
im Inland, die auf den Beginn einer dauernden inländische wirtschaftliche
Tätigkeit schliessen lässt (Fezer,
Art. 8 PVÜ, N 2, dem hierbei auch bei der – an sich autonomen – Auslegung
der PVÜ in der Schweiz zuzustimmen ist). Wird der Handelsname nur im Ausland
benutzt, hat er aber in der Schweiz – etwa durch Werbung mittels in der Schweiz
zugänglicher Medien – einen so hohen
Bekanntheitsgrad im Inland
erlangt, dass seine Verwendung durch Dritte im Inland den Verkehr irreführen
würde, muss bereits dies für den Namensschutz genügen (Fezer, Art. 8 PVÜ, N 4, und wohl ebenso Hilti, 95; vgl. auch Baudenbacher, UWG Art. 3 lit. d.,
N 111; abweichend offenbar BGE 90 II 320 – Elin GmbH; ferner zum
UWG-Schutz ausländischer Handelsnamen BGE 109 II 483 ff. – Computerland; Baudenbacher, UWG Art. 3 lit. d,
N 24 f., 111; Celli,
Kennzeichenrecht, 331 ff,; ders.,
Handelsnamen, 279 ff.; Streuli-Youssef, 162 f.; Troller, 208 ff.).
c) Natur und Inhalt des subjektiven
Namensrechtes
18
Als
Persönlichkeitsrecht ist das Namensrecht ein absolutes Recht (BGE 117 II
7 f. – ASTAG; 95 II 486 – Club Méditerranée) und als höchstpersönliches
Recht grundsätzlich weder übertragbar noch vererblich sowie auch unverzichtbar
(BGE 101 II 191, 118 II 5 – Bigot de Morogues; HGer AG AGVE 1997, 38; vgl aber
zum Verzichte auf die Geltendmachung namensrechtlicher Ansprüche N 72). Da
Persönlichkeitsrechte unverjährbar sind (A.
Bucher, Personen, 126 N 511), gilt dies auch für das Namensrecht
(vgl. aber für die Verwirkung einzelner namensrechtlicher Ansprüche N 71).
19
Als Gebrauchsrecht
umfasst das Namensrecht die Befugnis des Rechtsinhabers, seinen Namen im
Rahmen der Rechtsordnung bei allen sich bietenden Gelegenheiten als Mittel der
Identifizierung zu verwenden, so auch unter diesem Namen am Geschäftsverkehr
teilzunehmen (BGE 128 III 364 = Pra 92, 16 - Montana; 16 II 617 – Gucci; BGer
sic! 1997, 493 ff. – Anne Frank). Mithin darf der Name nicht nur zur Kennzeichnung der eigenen Person
gebraucht werden, sondern z.B. ebenso zu jener von Sachen, Geschäftsbetrieben, selbst geschaffenen Werken und Einrichtungen aller Art (BGE
108 II 243 – Wagons-Lits; 102 II 170 – Naegeli-Stiftung; BGer sic! 1997,
493 ff. – Anne Frank), Veranstaltungen
(BGE 114 II 111 – Cebit), Internet
Websites (BGE 128 III 353 = Pra 92, 7 - Montana; BGE 128 III 401 - Luzern;
BGE 126 III 239 – berneroberland.ch 125 III 94 = Pra 88 720- Rytz; BGer 4C.141/2002 - DJ Bobo; OGer LU sic! 2000, 518 –
www.luzern.ch) usw. Art. 29 betrifft also v.a. auch den Namensgebrauch zu
gewerblichen Zwecken (vgl. Pedrazzini/
Oberholzer, 187) und schützt
daher nicht zuletzt die Entfaltung der wirtschaftlichen Persönlichkeit (bzw.
die Namen reiner Erwerbsgesellschaften; vgl. zu solchen N 5).
20
Das Namensrecht
beinhaltet sodann ein Ausschliessungsrecht, das dem Berechtigten die
Befugnis verleiht, anderen den Gebrauch seines Namens zu verwehren (Art. 29
Abs. 2). Das bedeutet, dass der nach Art. 29 geschützte Name zwar von jedermann
gebraucht werden darf, dies aber einzig als Name für den an ihm Berechtigten
und für niemanden anderen (zur gesetzlichen Kennzeichenbedeutung des Namens
vorne N 2). Neben diesem Ausschliessungsrecht gemäss Abs. 2 des Art. 29
kann nach dortigem Abs. 1, wem die Führung seines Namens – etwa durch dauernde
Falschbenennung – bestritten wird, auf Feststellung seines Rechtes klagen.
Grosse praktische Bedeutung hat dieser Anspruch auf Bestandesfeststellung jedoch
nicht erlangt (N 64).
3. Verkehrsauffassung
a) Namensrechtliche Rolle der
Verkehrsauffassung
21
Zwar gründet das
Recht am Namen (N 12 ff.) v.a. auf den Interessen des Individuums
(BGE 119 II 308 = Pra 1994, 386 – Fornaciarini), aber die individuelle
Kennzeichnung und Unterscheidung einer Person durch deren Namen (N 2)
dient auch öffentlichen Interessen (BGE 108 II 162). Ob ein Zeichen im
konkreten Einzelfall als Name wirkt und allenfalls wie, kann schon allein
deshalb und im Namensrecht ganz besonders nicht von den Absichten und
Anschauungen des Zeicheninhabers abhängen, sondern allein von der Meinung
des Publikums (BGE 112 II 377 – Hotel Appenzell). Massgebend ist demnach
die sog. Verkehrsauffassung (BGE 80 II 142 – Fiducia; vgl. auch Art. 47 Abs. 2
MSchG). Sie entsteht durch den Gebrauch eines Zeichens (durch den
Zeicheninhaber selber und vor allem auch durch die anderen Verkehrsbeteiligten;
N 20), der für dieses zur Etablierung von Namenswirkungen im Verkehr führt.
Massgebend ist dabei der Eindruck, den ein solcher Zeichengebrauch nach
durchschnittlicher Auffassung der beteiligten Verkehrskreise auslöst (vgl.
z.B. N 47).
22
Die
Verkehrsauffassung hat grundlegende Bedeutung für den gesamten Namensschutz (Buri, Verwechselbarkeit, 115 ff.; Joller, 332 ff.; Six, 77 ff.). Von den Fällen
gesetzlichen Namenserwerbs abgesehen (N 15), bestimmt sich nach ihr allein
schon, welche Zeichen überhaupt namensrechtlich geschützt sind
(N 7 ff., 16 f.). Für alle namensrechtlich geschützten Zeichen ist
die Verkehrsauffassung sodann für den sachlichen, örtlichen und teils auch
zeitlichen Umfang des Namensschutzes massgebend (N 28 ff.). Ferner
ist bei Kollisionen eines Namens mit Namen oder anderen Kennzeichen
insbesondere die Wirkung des kollidierenden Drittzeichens – d.h. die von ihm
allenfalls ausgehende Verwechslungsgefahr – ebenso aufgrund der
Verkehrsauffassung zu beurteilen (N 46 ff.).
b) Gegenstand der Verkehrsauffassung
23
Der Schutz des
Art. 29 bezieht sich auf eine Vorstellungseinheit des Verkehrs, die Name
und Namensinhaber gleichsetzt (zustimmend zur 1. Aufl. HGer ZH sic! 1999, 305 –
Brockenhaus). Dabei ist auf die Verkehrsauffassung abzustellen, wie sie
tatsächlich besteht, und nicht darauf, wie sie aufgrund irgendwelcher
normativer Massstäbe sein sollte (vgl. dazu im Zusammenhang mit dem UWG Baudenbacher, UWG Art. 3 lit. b,
N 67 ff.). Mithin ist für die Anwendung des Art. 29 ein objektives
Verständnis der Verkehrsauffassung massgebend und nicht ein normatives.
Dementsprechend bedeutet die Ermittlung der Verkehrsauffassung über weite
Strecken Tatsachenermittlung. Sie ist gemäss Art. 8 ZGB von demjenigen
zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet (BGer Pra 76, 618 – Fortunoff). Nach
der hier vertretenen Auffassung sind die Vorstellungen des Verkehrs, welche die
Verkehrsauffassung ausmachen, und ihr Inhalt Fakten, wogegen es eine Rechtsfrage
darstellt, welche namensrechtliche Bedeutung (N 22) ihnen zukommt (so
zutreffend angedeutet, aber offen gelassen in BGE 102 II 309 – Abraham; a.M.
offenbar BGE 126 III 245 – berneroberland.ch, 117 II 515 – ASTAG; weitere
Einzelheiten bei Baudenbacher,
UWG Art. 3 lit. d, N 106 ff., Joller,
333 f.).
c) Richterliche Feststellung der
Verkehrsauffassung
24
Die richterliche
Feststellung der Verkehrsauffassung, welche die Namensschutzprozesse
(N 64 ff.) häufig dominiert, geschieht nach schweizerischer
Rechtsprechung im Allgemeinen ohne dabei demoskopische Gutachten über die
Vorstellungen des Verkehrs einzuholen (Pedrazzini,
87: vgl. aber auch Baudenbacher,
UWG Art. 3 lit. d, N 55, 108; Willi,
Art. 3 N 25). Vielmehr wird anhand der nachgewiesenen Umstände des Einzelfalles (BGer 4C.149/2003 -
Integra) und der allgemeinen Lebenserfahrung darüber entschieden, was ein
Zeichengebrauch im Verkehr bewirkt (woran sich der Entscheid nacht Art. 4 ZGB)
anschliesst, inwiefern die festgestellten Wirkungen rechtlich massgebend sind).
An dieser Art richterlicher Feststellung der Verkehrsauffassung ist, bei aller
ernst zu nehmenden Kritik, vor allem aus Gründen der Prozessökonomie festzuhalten
(so überzeugend für das UWG Baudenbacher,
UWG Art. 3 lit. b, N 79 ff.; kritisch Joller, 352).
4. Namensrechtsbestand als
Schutzvoraussetzung
a) Namensschutzfrage als Bestandesfrage
25
Namensschutz nach
Art. 29 kann nur beanspruchen, wer seinen Namen zu Recht führt (BGE 80 II 140 –
Fiducia; ferner 66 II 265 – Verband Schweizer Metzgermeister; 93 II 259 –
Teppich-Discount-Haus AG). Oft erweist sich so die Namensschutzfrage als reine
Bestandesfrage hinsichtlich der beteiligten Zeichen, indem sich gegen
namensrechtliche Ansprüche (N 64 ff.) einwenden lässt, es sei der Namensträger
selber nicht befugt, sein als Namen geltend gemachtes Zeichen zu
gebrauchen: sog. Einwand der unclean hands (vgl. auch N 26 f.).
Unzulässig wäre es aber, für die Bestandesfrage bessere Namensrechte Dritter
anzurufen. Wegen der subjektiv- bzw. individualrechtlichen Konzeption des
Namensschutzes (N 12) können solche Rechte einzig von den jeweiligen
Rechtsinhabern geltend gemacht werden. Insofern besteht also bloss relative
Schutzunfähigkeit aller einem vorbestehenden Zeichen nachgehenden Namen
(vgl. auch BGE 112 II 63 – Monti).
b) Namensschutzunfähige Zeichen
26
Namen müssen für
den mündlichen wie den schriftlichen Gebrauch gleichermassen tauglich sein, um
ihre Unterscheidungsfunktion (N 2) durchgängig erfüllen zu können (dazu
betreffend die Firma als Namenssonderform des OR, Bühler, 106). Folglich kommen als Namensbestandteile nur
Sprachelemente in Frage (Handkommentar-Büchler,
Art. 29 ZGB N 4). Namenmässig verwendbare Bildzeichen, wie etwa Wappen
und Embleme, können daher zwar Teil der nach Art. 28 geschützten Persönlichkeit
sein, stellen aber keine gemäss Art. 29 schutzfähigen Namen dar (so auch Lack, 107; Pedrazzini/Oberholzer,
187; a.M. Brosset, 8, Geiser, 36; vgl. ferner A. Bucher, Personen, 124 N 501; BK-Riemer, syst. Teil zu Art. 60 ff.
N 446 ff.). Dies gilt auch für unausprechbare Zeichenfolgen bzw.
einzig wegen ihres Schriftbildes kennzeichnungskräftige Worte, also insoweit rein
figurative Wortzeichen.
27
An rechtswidrigen
Wortzeichen ist ein Namensrechtserwerb (durch Namensänderung nach Art. 30
Abs. 1, Statutenerlass und dgl. sowie vor allem durch Namensgebrauch)
ausgeschlossen. In diesem Sinne absolut schutzunfähige Zeichen sind
zunächst solche, die besondere Vorschriften verletzen, insb. entgegen
namensrechtlichen Vorschriften (Art. 160, 270), firmenrechtswidrig (Art.
944 f., 947–950, 952–954 OR) oder entgegen dem Täuschungsverbot des Art. 3
lit. b UWG gebildet worden sind. Gleiches gilt für Zeichen, die sich als
allgemein unzulässig, weil anstössig erweisen (z.B. unsittliche
Zeichen), sowie für Zeichen, die für den Verkehr unverzichtbare und daher
zwingend freizuhaltende Sachbezeichnungen darstellen.
c) Erlöschen des Namensschutzes
28
Namensschutz nach
Art. 29 kann nur aufgrund eines subjektiven Namensrechtes beansprucht werden
(Appellationsgericht FR in RFJ 2004, 34 - Alpinex) und besteht folglich nur für
die Existenzdauer des Namensrechts. Wegen seiner
persönlichkeitsrechtlichen Natur bewirken Tod oder Untergang seines Inhabers
für dessen gesetzlichen Namen (N 4 ff.) auch den Untergang des
Namensrechtes, so dass sich Rechtsnachfolger nicht auf Namensrechte
verstorbener Personen berufen können (BGer sic! 1997, 493 und HGer ZH ZR 97 48
– Anne Frank; Lack, 189 ff.;
dazu die Kritik von Büchler 3 ff.
und Hilti, 148 ff.). Entsprechend
führt auch der Untergang von Gesellschaften zum Erlöschen deren Namensrechte
(Appellationshof VS, RFJ-FZR 1999, 58 f.). Zudem ist bei durch Gebrauch
erworbenen Namensrechten (N 16) der nachträgliche Wegfall früherer
Verkehrsbekanntheit (bzw. Verkehrsdurchsetzung) des Namens ein weiterer Grund
für das Erlöschen des an ihm vorher erworbenen Namensrechtes.
5. Schutzumfangbestimmender
Namensgebrauch
29
Das subjektive
Namensrecht kann nicht weiter reichen als die tatsächliche Auswirkung des
Namensgebrauchs (so schon BGE 64 II 251 – Wollen-Keller; ferner BGE 128 III
362 ff. = Pra 92, 17 ff. - Montana; BGer sic! 1997, 493 – Anne Frank, HGer ZH
sic! 1999, 305 – Brockenhaus). Zur Ermittlung der für den Schutzumfang eines
Namens massgebenden Verkehrsauffassung (N 21 ff.) sind daher stets
die an der Namensverwendung beteiligten Verkehrskreise (BGE 80 II 145 –
Fiducia) festzustellen. Sie decken sich in aller Regel nur mit Teilen der
Landesbevölkerung, nämlich mit den Kreisen, die einen Namen zu beachten
pflegen (BGE 80 II 286 – Bund Schweizer Architekten BSA). Das gilt zunächst
in sachlicher Hinsicht, wobei der Namensgebrauch nicht nur gegenüber
allfälligen Letztabnehmern bzw. Konsumenten erfolgt (vgl. für das UWG Baudenbacher, UWG Art. 3 lit. d,
N 51), sondern regelmässig auch oder gar nur gegenüber anderen Teilen des
Publikums, gegenüber der Post und gegenüber den Behörden (dazu N 48).
30
Die Wirkungen des
Gebrauchs eines Namens sind nicht nur in sachlicher (N 29), sondern ebenso
in örtlicher Hinsicht für dessen Schutzumfang massgebend. Zwar sind dem Recht
am Namen als Persönlichkeitsrecht vom Gesetz keine bestimmten räumlichen
Grenzen gezogen (BGE 90 II 466 – Gotthard-Bund), doch führt die Abhängigkeit
des Umfangs dieses Rechts vom Namensgebrauch oft zu territorialen
Einschränkungen des Namensschutzes nach Art. 29. Dieser kann stets nur
bezogen auf ggf. örtlich begrenzte beteiligte Verkehrskreise angerufen werden
(BGE 102 II 309 – Abraham; 90 II 320 – Elin GmbH; 79 II 315 – Interchemical
Corporation).
III. Unbefugte Namensanmassung
1. Der
Schutztatbestand des Art. 29 Abs. 2 (Übersicht)
a) Gesetzliche Ausgangspunkte
31
Namensschutz nach
Art. 29 Abs. 2 geniesst, wer dadurch beeinträchtigt wird, dass ein
anderer sich seinen Namen anmasst. Damit knüpft diese Bestimmung, die
übrigens strukturell mit der Firmenschutzvorschrift des Art. 956 Abs. 2 OR
übereinstimmt (N 61), den Namensschutz an zweierlei Voraussetzungen: neben
der Namensanmassung durch den Verletzer muss dessen Zeichengebrauch auch eine
Beeinträchtigung des am angemassten Namen Berechtigten bewirken. Indessen wird
aber keines dieser beiden Merkmale des Verletzungs- bzw. Schutztatbestandes des
Art. 29 Abs. 2 im Gesetz näher umschrieben. Dies ist erst durch die Gerichte
geschehen. BGE 116 II 469 (Coca-Cola) fasst die hierfür einschlägige
höchstrichterliche Rechtsprechung dahingehend zusammen, dass Art. 29 Abs. 2
eine unbefugte Namensanmassung voraussetzt, das heisst eine solche durch
Beeinträchtigung rechtlich schützenswerter Interessen des betroffenen
Namensträgers (N 35 f., 53–60). Hierfür ist im allgemeinen eine
allfällige Verwechslungsgefahr hinsichtlich der fraglichen Zeichen
entscheidendes Element (BGE 4C.199/2001, E. 5c - Audi), aber nicht stets
ausreichend (N 32 ff., 43–52). Nicht erforderlich ist eine
Verwechslungsgefahr bei den Sondertatbeständen der Namensanmassung durch ohne
überwiegend schützenswerte Interessen erfolgte Behinderung des Berechtigten (N 35), seinen Namen selber zu
gebrauchen (zum Namensrecht als Gebrauchsrecht vorne N 19).
b) Schaffen von Verwechslungsgefahr
32
Für die nach Art.
29 massgebende Verwechselbarkeit eines Namensträgers mit anderen
Zeicheninhabern (N 31) ist nicht erforderlich, dass sich Verwechslungen bereits
ereignet haben: es genügt deren Wahrscheinlichkeit (BGE 117 II 515 – ASTAG).
Eine Namensanmassung liegt somit unter diesem Gesichtspunkt vor, wenn die
Verwendung eines Kennzeichens durch eine Person zu einer Verwechslungsgefahr
mit einem Namen einer anderen Person führt, so dass eine Gefährdung der
Unterscheidungs- und Kennzeichnungsfunktion dieses Namens entsteht (HGer ZH
sic! 1999, 304 – Brockenhaus). Der Tatbestand des Art. 29 Abs. 2 umfasst denn
auch in ersterer Linie klar umrissene Fallgruppen, die sich im Kern immer auf
das Schaffen von Verwechslungsgefahr (N 43 ff.) reduzieren
lassen. Dagegen liegt bei einer allenfalls störenden Namensverwendung ohne
Verwechslungsgefahr kein Schutztatbestand des Art. 29 Abs. 2 vor
(N 41 f.; vgl. aber zum Sonderfall der Behinderung N 35).
33
Eine (allfällige)
Namensanmassung ist zunächst bei einer Namensverwendung gegeben, als deren
Folge Namensträger – direkt oder hinsichtlich von Sachen, Werken, Leistungen
und dgl. – mit Dritten verwechselt werden können (BGE 112 II 372 – Hotel
Appenzell). Art. 29 Abs. 2 schützt demnach erst einmal vor Verwechslungsgefahr im engeren
Sinne, also vor der Gefahr von Irrtümern des Publikums über die
Identität von Namensträgern, d.h. vor Fehlidentifikationen
(BGE 128 II 403 - Luzern: BGer 4C.141/2002, E. 4 -
DJ Bobo). Solche können unterschiedliche Ursachen haben. Sind schon die
Zeichen (Namen) als solche verwechselbar und wegen dieser
Zeichenverwechselbarkeit auch deren Inhaber, liegt eine unmittelbare Verwechslungsgefahr vor (OGer ZH SMI 1995,
139 ff. – Swica). Bei mittelbarer
Verwechslungsgefahr werden dagegen an sich unterscheidbare Zeichen wegen
ihrer Ähnlichkeit irrtümlich dem gleichen Inhaber zugerechnet (so wie hier und
zutreffend Handkommentar-Büchler,
Art. 29 ZGB, N 9; Fezer, MarkenG
Art. 14 N 140 ff., Joller,
347 f.; abweichend HGer AG sic 2001–537 und Baudenbacher, UWG Art. 3 lit. d, N 48, wo die mittelbare
Verwechslungsgefahr mit der im weiteren Sinne gleichgesetzt wird; unklar BGE
127 II 165 f.).
34 Für die Anwendbarkeit des
Art. 29 Abs. 2 ist eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne aber nicht
zwingend erforderlich (BGE 118 II 10 f. – Bigot de Morogues; 72 II 150 –
Surava). Anmassend ist es vielmehr auch, die Kennzeichnungswirkung eines
fremden Namens für eigene Zwecke zu nutzen, wobei oft geradezu ein Missbrauch
der Kennzeichenwirkung durch Rufausbeutung gegeben sein wird (BGE 112 II
371 – Hotel Appenzell). Daraus kann sich eine Verwechslungsgefahr im weiteren
Sinne ergeben (zur Terminologie statt aller Fezer, MarkenG 15 N 72, Joller, 347 ff.). Bei ihr erweckt der Dritte den
Anschein, der Namensträger habe mit ihm persönlich oder mit seinem Geschäft
(bzw. seinen Waren, Werken, Leistungen, Veranstaltungen, Web Sites etc.) etwas
zu tun oder es bestehe eine enge – persönliche, ideelle, geistige oder
geschäftliche – Verbindung, die in Tat und Wahrheit fehlt oder gar nur aus
Gegensätzen besteht (BGE 112 II 371 – Hotel Appenzell). Bei einer solchen Vermutung falscher Zusammenhänge (BGE
128 II 403 - Luzern) werden der Namensträger wie auch sein Name und der Dritte
sowie dessen Zeichen zwar auseinander gehalten (keine Verwechslungsgefahr im
engeren Sinne; N 33), er wird aber zu jenem wegen Zeichenähnlichkeit in
eine Beziehung gebracht, die er ablehnt und vernünftigerweise auch ablehnen
darf (BGE 128 III 403 - Luzern; 128 II 358 f. = Pra 92, 11 - Montana; 116 II
469 – Coca-Cola; 80 II 147 – Fiducia; OGer ZH ZR 78, 52 – Sex- und
Erotikartikel).
c) Beeinträchtigung rechtlich
schützenswerter Interessen
35
Das subjektive Namensrecht
(N 12) wird nicht schon dann verletzt, wenn jemand zu eigenen
Kennzeichnungszwecken einen fremden Namen verwendet (BGE 112 II 370 – Hotel
Appenzell). Dazu muss die Namensanmassung vielmehr über das Schaffen von Verwechslungsgefahr hinaus
auch insofern unbefugt erfolgt sein, als sie eine Beeinträchtigung
(überwiegender) rechtlich schützenswerter - d.h. den regelmässig vorhandenen
Interessen anderer Beteiligter vorgehender -
Interessen des Namensträgers darstellt (Zusammenfassung der
Rechtsprechung in BGE 116 II 469 – Coca-Cola, vorne N 31). Ausser durch Schaffen einer Verwechslungsgefahr werden die
Interessen des Namensberechtigten gegebenenfalls auch durch dessen Behinderung beim Namensgebrauch erheblich
tangiert, etwa wenn ihn jemand ohne berechtigte Interessen daran hindert,
seinen Namen enthaltende Kennzeichen registrieren zu lassen (so für die
Domain-Namen BGE 128 III 410- Luzern; BGer 4C.141/2002, E. 3 - DJ Bobo; Buri, Domain-Namen,
367 f.). Bei solchen Behinderungen wird das Schaffen einer Verwechslungsgefahr
im weiteren Sinne (N 34) zwar regelmässig beabsichtigt sein, doch ist deren
Vorliegen für eine Namensanmassung nicht erforderlich.
36
Als Interessen
gemäss Art. 29 Abs. 2 kommen von vornherein nur eigene Interessen des
Namensinhabers in Betracht (BGE 112 II 380 – Hotel Appenzell). Es bestehen
sehr vielfältige Interessen der Namensinhaber an ihren Namen (vgl. Lack, 140–175). Oft werden diese einen
Vermögenswert haben. Das ist jedoch keineswegs erforderlich, indem Art. 29 geschäftliche
und ideelle Interessen gleichermassen schützt (BGE 116 II 469 – Coca-Cola).
Stets ist aber Voraussetzung des Namensschutzes, dass solche Interessen ein
gewisses Gewicht haben und ihnen keine überwiegenden Interessen des Inhabers
des (Verwechslungsgefahr stiftenden) Zeichens entgegenstehen, gegen welches
Schutz verlangt wird (N 53 ff.).
2. Namensanmassungen als
Zeichengebrauch
a) Namenmässiger Zeichengebrauch als
Namensanmassung
37
Die
Namensanmassung ist stets ein nicht nur hypothetischer, sondern tatsächlicher
Zeichengebrauch im Verkehr (BGer 4C.149/2003 - Integra), und zwar die
Verwendung des Namens eines anderen für eigene Zwecke (N 20). Dabei masst
sich zunächst klarerweise derjenige einen fremden Namen an, der zur Bezeichnung
seiner eigenen Person den Namen eines anderen verwendet (BGE 112 II 371 –
Hotel Appenzell). Es sind dies die klassischen, der Konzeption des Art. 29 Abs.
2 zugrunde liegenden Fälle von Namensanmassungen (zur Namensanmassung durch
Namensänderung Art. 30 N 21). Hingegen stellt die Verwendung eines von
einem Dritten angemassten Namens, um diesen zu benennen, keine Bezeichnung
der eigenen Person und somit keine Namensanmassung dar, kann aber
gegebenenfalls nach Art. 28 eine Persönlicheitsverletzung sein (so zutreffend
für die Domainnamen Buri,
Verwechselbarkeit, 241 ff.; a.M. Six,
111 f.).
38
Weil Art. 29 Abs.
2 den Namensträger vor Verwechslungsgefahren schützt (N 32 ff.), ist
es nicht nur anmassend, mit Namen anderer völlig übereinstimmende Zeichen zu
verwenden, sondern ebenso, Namensübersetzungen
zu verwenden (BGer 5C.76/2004, E. 1 - Swiss Dentists' Society) oder
kennzeichnende Hauptbestandteile fremder Namen in eigene zu übernehmen
(BGE 116 II 469 – Coca-Cola). Ferner kann nach einem Teil der Rechtsprechung
(BGE 80 II 284 – Bund Schweizer Architekten BSA; 90 II 464 – Gotthard-Bund; 95
II 487 – Club Méditerranée; a.M. BGE 83 II 260 f. – Neuapostolische
Gemeinde; 93 II 309 – Sheila) sowie nach zutreffender und h.L. (vgl. Buri, Verwechselbarkeit, 126; Joller, 325 ff.; Lack, 128; Troller, 155 ff.; Six,
31 f.; alle m.w.Nw.) die Anmassung eines Namens auch im Verwenden ähnlicher
Zeichen bestehen. Gerade Namensähnlichkeiten bewirken besonders oft
Verwechslungen, weshalb es dem Zweck des Art. 29 völlig zuwiderliefe, diesen
ausgerechnet auf solche Fälle nicht anzuwenden. Es gibt daher im Sinne des Art.
29 auch die Namensanmassung ohne Übernahme des Hauptbestandteils des fremden
Namens.
b) Anmassender nichtnamensmässiger
Zeichengebrauch
39
Das Gebrauchsrecht
am eigenen – in einem weiten Sinne zu verstehenden (N 3) – Namen
beinhaltet das Recht (Gebrauchsrecht), diesen bei jeder sich bietenden
Gelegenheit benutzen zu dürfen (N 19). Aus diesem weiten Rechtsumfang
ergibt sich, weil der Namensschutz als subjektives Ausschliessungsrecht konzipiert
ist (N 20), auch der Kreis möglicher Namensrechtsverletzungen: soweit das
Gebrauchsrecht am eigenen Namen reicht, muss der Berechtigte andere von einem
störenden Gebrauch ausschliessen können. Art. 29 gestattet daher dem
Namensinhaber nicht nur, die Verwendung seines Namens durch einen anderen zur
Kennzeichnung dessen Person abzuwehren, sondern ebenso die Abwehr der
Namensverwendung etwa für Sachen, für Geschäftsbetriebe, für selbst geschaffene
Werke, für Einrichtungen aller Art, für Veranstaltungen, für den Betrieb, ja
schon das blosse Registrierenlassen von Internet Websites im In- und/oder im
Auland (vorne N 19 m.Nw.) sowie in
Firmen von Aktiengesellschaften (Bsp.: Zivilgericht BS BJM 1973, 136 ff. –
Crea; gemäss Brückner 294
N 969 ein Fehlurteil). Folglich können namensmässige und anderweitige Zeichenverwendungen
Namensanmassungen darstellen (a.M. bzw. einschränkend Brückner, 292 N 963). Dies trifft
namentlich auch für den Gebrauch bloss dem angemassten Namen ähnlicher Zeichen
(N 38) zu, wie dies vorliegend den praktischen Regelfall darstellt (zur
Verwendung angemasster Namen durch Dritte, N 37).
40
Da das
Ausschliessungsrecht des Art. 29 Abs. 2 umfassend die Abwehr namensmässiger
und anderweitiger Zeichenverwendungen erlaubt (N 39), gilt dieser nicht nur
für Konflikte verschiedener Namen, sondern u.U. auch für solche zwischen Namen
und andersartigen Zeichen. Ein derartiger Fall einer nach Art. 29 Abs. 2 zu
beurteilenden Kollision verschiedenartiger Kennzeichen liegt etwa vor,
wenn jemand sich den Namen eines anderen bzw. entsprechende Namensteile
anmasst, um damit eine Geschäftsbezeichnung (z.B. BGE 102 II 305 ff. –
Abraham, kritisch zu diesem Entscheid Brückner,
294 N 971; 112 II 365 f. – Hotel Appenzell), eine Bezeichnung von
Sachen (BGE 87 II 111 – Narok) oder einen Domainnamen (Vorinstanz in BGE 126
III 239 – berneroberland.ch; OGer LU sic! 2000, 518 – www.luzern.ch) zu bilden.
c) Blosse Namensnennungen und dgl.
41
Jede
Verwechslungsgefahr fehlt bei einer auf den Namensträger bezogenen oder
fiktiven Namensverwendung, d.h. bei blossen Namensnennungen und dgl. Art.
29 hilft deshalb z.B. nicht gegen den Abdruck alter Plakate, die Namen Dritter
enthalten (BGE 108 II 243 – Wagons-Lits), die Namenserwähnung in
Nachschlagewerken, in Medien- und anderen Berichten über den Namensträger, bei
einer (wahrheitsgemässen) Namensangabe auf einer Zeitschriftenmappe (BGE 64 II
120 f. – Ringier) sowie in frei erfundenen Romanen oder in Karikaturen
(BGE 95 II 486 – Club Méditerranée; a.M. Geiser,
36, für Namen literarischer Figuren). In all diesen Fällen liegt schon gar
keine Namensanmassung vor, wohl aber kann dabei u.U. Art. 28 (bzw. das UWG)
einschlägig sein (Bsp.: BGE 95 II 486 – Club Méditerranée« 126 III 215 f.
– Kraska).
42
Nach hier
vertretener Auffassung kommt Art. 29 Abs. 2 bei Namensverwendungen nicht zum
Zuge, welche Beeinträchtigungen ohne Verwechslungsgefahr oder Behinderung bewirken (zustimmend zur 1. Aufl. Weber, E-Commerce 155; gl.M. Joller, 341 f.; vgl. ferner Buri, Verwechselbarkeit, 117 ff., Six, 49 zur Voraufl. N 16 und 21),
etwa bei herabsetzender bzw. kränkender Namensverwendung oder beim Schaffen von
Verwässerungsgefahr (hierzu etwa MSchG-David,
Art. 3 N 56, Art. 15 N 8; Troller,
161 f.; ferner Lack,
115 ff.). Ganz allgemein kann hiergegen nicht aufgrund des Art. 29,
sondern allenfalls gemäss Art. 28 bzw. UWG vorgegangen werden (vgl. erneut Weber, E-Commerce 155 f; a.M. OGer
BL SMI 1960, 174, das auch auf Tatbestände kränkender Namensverwendung
Namensrecht anwenden will; unklar BGE 102 II 312 f. – Abraham).
3. Namensrechtlich massgebende
Verwechslungsgefahr
a) Ausgangspunkte
43
Die «Verwechslungsgefahr»,
wie sie in Art. 29 nicht einmal erwähnt, geschweige denn definiert wird
(N 31), ist der Schlüsselbegriff des gesamten Kennzeichenrechts.
Dabei hat man die Verwechslungsgefahr im ganzen Kennzeichenrecht (Namens-,
Firmen-, Marken- sowie Lauterkeitsrecht) einheitlich zu beurteilen (z.B. BGE
127 III 165 – Securitas, 126 III 245 – berneroberland.ch 116 II 470 –
Coca-Cola; Weber SZW 2000, 262),
und es ist deren Begriff nach Art. 29 ZGB identisch mit jenem des Art. 3
lit. d UWG (BGer 4C.199/2001, E. 5c -
Audi). Neben den Gemeinsamkeiten der einzelnen Kennzeichenrechte sind aber auch
- wegen der hier gebotenen Gesamtwürdigung des Einzelfalls (N 45) - die
Unterschiede zu beachten (Joller,
367 ff., insb. 375; vgl. auch Fezer,
MarkenG, § 14 N 82). So bestehen zwar allgemeine Grundsätze und
Massstäbe der Beurteilung der Zeichenverwechselbarkeit, die im Namens-,
Firmen-, Marken- und Wettbewerbsrecht gleichermassen gelten (vgl. z.B.
BGE 116 II 616 – Gucci), aber im Übrigen hängt die Beurteilung der
Verwechslungsgefahr stark vom jeweiligen Zeichengebrauch ab, wie er für die
einzelnen Kennzeichnungsmittel – Name, Firma, Geschäftsbezeichnung,
Marke etc. – jeweils typisch ist (Streuli-Youssef, 142; zustimmend Baudenbacher,
UWG Art. 3 lit. d, N 43). Es kann daher im konkreten Einzelfall z.B. nach
UWG eine Verwechslungsgefahr zu bejahen, nach Namens-, Firmen- oder Markenrecht
dagegen zu verneinen sein (Willi,
Vor 1, N 58).
44
Auch im Rahmen des
Art. 29 ist die Zeichenverwechselbarkeit nach den genannten allgemeinen
Grundsätzen und Massstäben zu beurteilen, lassen sich also firmen-,
lauterkeits- und auch markenrechtliche (Wortmarken betreffende) Grundsätze auf
das Namensrecht übertragen (vgl. etwa den Hinweis auf die firmenrechtlichen BGE
95 II 458 – Sodibel und 82 II 154 – Schweizer Ski-Schule Zermatt, im
namensrechtlichen BGE 117 II 515 – ASTAG). Darüber hinaus wird die für den
Namensschutz massgebende Verwechslungsgefahr aber vom Normzweck des Art. 29
ebenso geprägt wie von den Eigenarten der Namen als Kennzeichnungsmittel (zum
öffentlichen Interesse an der Unterscheidungsfunktion des Namens; N 2, 21)
und den damit einhergehenden namensspezifischen Zeichenbenutzungslagen (vgl.
z.B. N 48).
45
Die
Verwechslungsgefahr gemäss Art. 29 Abs. 2 ist die Gefahr von Fehlvorstellungen
des Verkehrs über die Identität eines Namensträgers (N 33) oder dessen
Beziehungen zu anderen Personen, Sachen, Geschäften und dgl. (N 34). Sie
ist zu bejahen, wenn Verwechslungen angesichts der Gestaltung der zu
vergleichenden Namen (oder andersartigen Zeichen) mit Rücksicht auf die
besonderen Umstände im Bereich der Wahrscheinlichkeit liegen (BGE 117 II 515 –
ASTAG mit w.Nw.). Es ist demnach eine Gesamtwürdigung der Umstände des
Einzelfalles vorzunehmen, mithin ein Entscheid nach Art. 4 ZGB zu treffen
(so auch für das UWG, Baudenbacher,
UWG Art. 3 lit. d, N 54; Buri,
Domain-Namen, 362). Wie sich z.B. aus BGE 117 II 515 (ASTAG) ergibt, steht dabei
die Zeichenähnlichkeit im Vordergrund. Darüber hinaus sind u.U. aber
auch andere Umstände als Kriterien der Verwechslungsgefahr zu beachten, so z.B.
die (schutzumfangerweiternde) besondere Kennzeichnungskraft eines Zeichens
(zutreffend kritisch dazu aber Baudenbacher,
UWG Art. 3 lit. d, N 86 ff.), die sachliche oder örtliche Nähe der
Tätigkeit der Beteiligten und dgl.m. (vgl. Joller,
337 ff.). Eine abschliessende Liste solcher Kriterien, die
kennzeichenimmanent sind oder ausserhalb des Kennzeichens selbst liegen (Baudenbacher, UWG Art. 3 lit. d,
N 62 ff., 96 ff.), kann es dabei nicht geben (Joller, 354). Diese sind vielmehr
zahllos (Baudenbacher, UWG Art. 3
lit. d, N 62).
b) Massgeblichkeit der
Verkehrsauffassung
46
Bei Art. 29 Abs. 2
geht es um die Gefahr, dass ein Namensträger – direkt oder bezogen auf
Geschäftsbetriebe, Sachen, Werke, Leistungen und dgl. – mit einem anderen
verwechselt wird. Ob und in welchem Ausmass eine Verwechslungsgefahr im engeren
bzw. weiteren Sinne (N 33 f.) gegeben ist, wie also der Gebrauch
miteinander in Konflikt geratener Zeichen wirkt, hängt von den gesamten
Umständen ab, wie die Zeichen gebraucht (BGer 4C.149/2003- Integra) und von den
Adressaten wahrgenommen werden, sowie von der Art, wie diese die Zeichen
verstehen und in der Erinnerung behalten (statt aller BGE 128 III 403 f. -
Luzern; Buri, Domain-Namen, 358).
Massgebend ist hier somit der Auffassung
der beteiligten Verkehrskreise (vgl. schon N 21 ff.).
Solche sind etwa die schon vorhandene oder bloss mögliche Kundschaft der
Namensträger (BGE BGE 128 III 365 = Pra 92, 18 f. - Montana; 90 II 321 – Elin
GmbH; Pra 76, 618 – Fortunoff), das Publikum, an das sie sich mit
Werbeaktionen, Sammlungen usw. wenden (BGE 83 II 257 – Neuapostolische
Gemeinde), die Fabrikantenkreise, in denen sie als Nachfrager
ausschliesslich auftreten (HGer ZH SMI 1988, 181, Pra 76, 618 – Fortunoff),
bestimmte Fachkreise, in denen ihr Name vornehmlich gebraucht wird (BGE
90 II 322 – Elin GmbH), das Postpersonal (BGE 83 II 257 –
Neuapostolische Gemeinde) und Behörden (BGE 80 II 142 – Fiducia), die
sich mit ihren Namen zu befassen haben. Massgebend ist ferner auch, ob ein Name
nur oder erhöhte örtliche Bedeutung hat (BGE 128 III 365 = Pra 92, 18 f.
- Montana; 90 II 320 – Elin GmbH; 79 II 315 – Interchemical Corporation; 64 II
251 – Wollen-Keller), etwa eine solche nur für das zürcherische Publikum (BGE
102 II 309 – Abraham).
47
Stehen die hier
massgebenden Verkehrskreise fest, ist die dort herrschende durchschnittliche
Auffassung zu eruieren (BGE 128 III 407 - Luzern). Grundlegend ist dabei,
dass die faktisch nur geringe durchschnittliche Aufmerksamkeit des
Publikums in Namensdingen nach der Rechtsprechung nicht zulasten des Verkehrs,
sondern der Zeicheninhaber geht (BGE 80 II 146 – Fiducia; 112 II 373 – Hotel
Appenzell). Als Folge hiervon fallen hier nur gerade sehr unachtsame
Verkehrsbeteiligte als Beurteilungsmassstab ausser Betracht (BGE 80 II 288 –
Bund Schweizer Architekten BSA), wogegen im Übrigen auch jede
Verwechslungsgefahr in bloss unachtsamen (und eben gerade insofern
durchschnittlichen) Publikumsteilen rechtlich beachtlich, also zu vermeiden
ist. Umgekehrt kommt es auf ungewöhnlich kundige oder aufmerksame nicht an
(soweit solche nicht einen eigenen, in concreto beteiligten Verkehrskreis bilden;
N 48). Sodann sind dabei das eigene, insbesondere das alltagstheoretische
Wissen des Richters, Fachbefunde, der allgemeine Sprachgebrauch u.Ä. nur
insoweit von Bedeutung, als sie sich mit der (durchschnittlichen)
Verkehrsauffassung decken oder diese nachweisen.
48
Die Namen nach Art. 29 werden nicht nur z.B. bei und
vom allgemeinen Publikum bzw. bei und von der allfälligen Kundschaft des
Namensträgers verwendet, sondern auch bei und von Behörden sowie bei und von
der Post. Sodann wirken Namen oft – für die Schweiz besonders aktuell – in
Verkehrskreisen unterschiedlicher Sprache (vgl. etwa die Fälle BGE 117 II
513 ff. – ASTAG; 80 II 281 ff. – Bund Schweizer Architekten BSA; dazu
auch Gilliéron, 156), in Fach-
und zugleich in Laienkreisen (HGer ZH SMI 1981, 119) oder in schweizerischen
Hersteller- und australischen Abnehmerkreisen (BGer Pra 76, 618 – Fortunoff).
Man hat also im Rahmen des Art. 29 stets eine Mehrheit beteiligter
Verkehrskreise vor sich, die höchstens je für sich allein genommen noch
einigermassen homogen und damit Durchschnittlichkeitserwägungen zugänglich
sind. So ergeben sich zumeist – nach Ursachen und/oder im Ergebnis – unterschiedliche
Verkehrsauffassungen über die jeweils zu beurteilenden Namenswirkungen. Wo
dies zutrifft, ist i.Allg. jede dieser Auffassungen für sich allein bereits
namensschutzrechtlich erheblich. So wird vor allem eine auf gerechten Ausgleich
bedachte Interessenabwägung (N 53 ff.) regelmässig ergeben, dass der
Verletzungstatbestand des Art. 29 Abs. 2 schon dann erfüllt ist, wenn der
Gebrauch der fraglichen Zeichen auch nur in einem der beteiligten
Verkehrskreise eine Verwechslungsgefahr bewirkt.
c) Kriterien abstrakter Feststellung
der Verwechslungsgefahr
49
Sind konkrete Namensverwechslungen
(N 52) nicht oder nicht hinreichend erstellt, orientieren sich die
Gerichte vorab an der Gestaltung der zu vergleichenden Namen (BGE 117 II 515 –
ASTAG), also an einem kennzeichenimmanenten Beurteilungskriterium. Ein solch
abstrakter Zeichenähnlichkeitsvergleich erfolgt aufgrund des Gesamteindrucks
des Erinnerungsbildes, das die zu beurteilenden Zeichen (Namen, Marken
etc.) bei den beteiligten Verkehrskreisen hinterlassen (dazu mutatis mutandis
sehr aufschlussreich der Wortmarkenfall in BGE 121 III 377 – Boss). Dieser
Eindruck wird i.Allg. von drei Zeichencharakteristika bestimmt, nämlich vom Wortbild
(Länge, Buchstabenfolge, etwaige besonders hervorstechende Silben und
andere Teile), vom Wortklang (Abfolge sowie Intonation von Vokalen und
Konsonanten) und von einem allfälligen Wortsinn. Bei einem solchen
Zeichenvergleich, der zuweilen etwas lotteriehaft wirkt (vgl. Baudenbacher, UWG Art. 3 lit. d,
N 54, zu den von den OGer ZH und LU diametral entgegengesetzt beurteilten
SWICA/SWISSCARE-Fällen), sind neben der namensrechtlichen Gerichtspraxis
(Kasuistik bei Joller,
343 ff.) auch jene aus dem Firmen- und Wettbewerbsrecht sowie dem
Markenrecht (Wortmarken) heranzuziehen (N 43). Hierfür liefern
verschiedene Kasuistiken reiches Anschauungsmaterial (Baudenbacher, UWG Art. 3 lit. d, N 42 ff.; Joller, 222 ff., 286 ff.,
316 ff.; ferner OR-Altenpohl,
Art. 951 N 14, MSchG-David,
Art. 3 N 22 ff.; Hilti, 79; Marbach, 118 ff.; Meier-Hayoz/Forstmoser,
190 f., N 143 f.; Willi, Art. 3 N
69 ff.).
50
Ergibt ein
(abstrakter) Vergleich der Zeichenähnlichkeit (N 49) eine Zeichenverwechselbarkeit,
pflegen die Gerichte zumeist ohne weiteres auf eine (durch sie adäquat kausal
verursachte) Verwechslungsgefahr zu schliessen. Ein solch pragmatisches
Vorgehen führt i.Allg. durchaus zu zutreffenden Ergebnissen. In der Tat
bewirkt angesichts des nur geringen Erinnerungs- und Unterscheidungsvermögens
durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer in Namensdingen (N 47) schon die
blosse (abstrakte) Zeichenverwechselbarkeit nach gewöhnlichem Lauf der Dinge
eine entsprechende Verwechslungsgefahr (im engeren Sinne; N 33).
51
Abstrakte
Zeichenverwechselbarkeit führt aber nicht zwingend zu (konkreter)
Verwechslungsgefahr und eine solche kann umgekehrt auch bei unverwechselbaren
Zeichen bestehen (mittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne oder
Verwechslungsgefahr im Weiteren Sinne; N 33 am Ende, N 34). Daher ist
es häufig unerlässlich, alle weiteren besonderen Umstände des Einzelfalls in
die Beurteilung miteinzubeziehen (BGE 117 II 515 – ASTAG). Gemäss allgemeinem
Erfahrungswissen sind dies v.a. nicht zeichenimmanente Mit- oder gar
Alleinursachen von Verwechslungsgefahr (OGer ZH SMI 1995, 139 ff – swica),
wie die sachliche oder örtliche Nähe des Tätigkeits- und Wirkungsbereiches der
beteiligten Namensträger, die Gleich- oder Ungleichartigkeit der Namensträger
(natürliche/juristische Person), der Grad der Verkehrsbekanntheit der
beteiligten Zeichen und die Häufigkeit ähnlicher Drittzeichen. Die insofern
erheblichen Umstände lassen sich letztlich nicht schematisieren, haben aber
alle gemeinsam, die hier massgebende durchschnittliche Verkehrsauffassung
(N 46 ff.) zu belegen.
d) Rolle tatsächlich vorgekommener
Verwechslungen
52
Naturgemäss hat
die abstrakte Feststellung der Verwechslungsgefahr (N 49 ff.), weil
i.Allg. Publikumsbefragungen unterbleiben (N 24), stets einen eher
hypothetischen Charakter. Gemäss Bundesgericht braucht dann keine solche
abstrakte Prüfung der Verwechslungsgefahr vorgenommen zu werden, um diese
Gefahr bejahen zu können, wenn Verwechslungen tatsächlich vorgekommen
sind und diese nicht bloss als Einzelfälle erscheinen (BGE 117 II 516 –
ASTAG). Dem kann zugestimmt werden (vgl. auch Weber,
SZW 2000, 262 zu BGE 126 III 244 – berneroberland.ch), soweit solche
Verwechslungen nicht rein zufällig vorgekommen oder vom Namensträger provoziert
oder gar fingiert worden sind, sondern sich vielmehr nach normalem Lauf der
Dinge bei durchschnittlichen Verkehrsteilnehmern (N 47 f.) ereignet
haben (vgl. auch BGE 118 II 326 – Firmenrecht – Ferosped). Nach einer ebenfalls
einschränkenden Lehre (Baudenbacher,
UWG Art. 3 lit. d, N 104; Joller.
334) haben tatsächlich vorgekommene Verwechslungen gar nur Indiziencharakter
für eine allfällige Verwechslungsgefahr.
4. Interessenabwägung bei
Verwechslungsgefahr
a) Ausgangspunke
53
Eine durch
Namensanmassung (N 37–40) verursachte, namensrechtlich massgebende
Verwechslungsgefahr (N 43–52) erfüllt für sich allein noch keineswegs
zwingend den Verletzungstatbestand des Art. 29 Abs. 2. Vielmehr liegt eine
unbefugte Namensanmassung nur bei einer Beeinträchtigung rechtlich
schützenswerter Interessen des Namensträgers vor (N 35). Darzutun ist
dabei eine erhebliche Interessenverletzung, also eine solche, die nicht
nur dem Scheine nach erfolgt ist (BGE 102 II 308 – Abraham) bzw. sich nicht als
bloss geringfügig erweist (KGer ZG SMI 1987, 103; SMI 1978, 59). Ein Rest von
Verwechslungsgefahr und damit von Interessenbeeinträchtigung ist denn auch
stets hinzunehmen, weil die Beurteilung der Verwechslungsgefahr anhand der
durchschnittlichen Verkehrsauffassung dazu führt, dass etwaige Verwechslungen
bei nicht durchschnittlichen Verkehrsteilnehmern unbeachtlich bleiben
(N 47), und in Sonderfällen eine Koexistenzberechtigung verwechselbarer
Zeichen besteht (N 59 f.).
54
Die
Schutzwürdigkeit der Interessen des Inhabers eines Namens beurteilt sich nicht
allein nach dessen Eigeninteressen, verwechselbare jüngere Zeichen abwehren zu
können, sondern es sind hierbei die regelmässig vorhandenen (gegensätzlichen) Interessen
aller Beteiligten gegeneinander abzuwägen (statt aller BGer 4C.376/2004, E.
3.1 - Maggi; BGE 128 III 364 - Montana; je mit Hinweisen; Joller, 330 f.). Das gilt zunächst
einmal für rein namensrechtliche Konflikte. Ferner ist bei Kollisionen zwischen
Namensrecht (oder Firmenrecht) einerseits und Marken- und Wettbewerbsrecht
andererseits nicht etwa von einer Dominanz des Namensrechts, sondern von der Gleichwertigkeit
der Gesetze auszugehen, so dass in jedem Einzelfall die Abwägung der
gegenseitigen Interessen erforderlich wird, um zu einem möglichst gerechten
Ausgleich bzw. zur gerechtesten Lösung des Kennzeichenkonfliktes zu gelangen
(BGE 128 III 358 = Pra 92, 10 - Montana; 126 III 244 f. –
berneroberland.ch; 125 II 91 = Pra 88, 133 – Rytz; BGer 4C.392/2000, E. 8 – Jaguar;
zustimmend Baudenbacher, UWG Art.
3 lit. d, N 14; kritisch David in
AJP 1999, 1172; besonders aufschlussreich betreffend das Verhältnis des Art. 29
zum Markenschutz Gilliéron,
373 ff.).
55
Wegen der bei
Kennzeichenkonflikten gebotenen Interessenabwägung (N 53 f.) kommt es
auch nicht durchwegs einer Persönlichkeitsverletzung gleich, wenn
hinsichtlich eines Namens Verwechslungsgefahr gegeben ist. Vielmehr
besteht bei (nicht gewerblicher Verwendung) bürgerlicher Namen die
gegenteilige Ausgangslage und auch sonst können verwechselbare Zeichen durchaus
zur Koexistenz berechtigt sein (N 59 f.). Sodann bleiben
namensmässige Persönlichkeitsbeeinträchtigungen bei Anspruchsverwirkung und –
was auf der Ebene der Widerrechtlichkeit von Verletzungen liegt – bei
Anspruchsverzicht folgenlos (N 71 f.).
b) Grundregel: Massgeblichkeit des
Prioritätsprinzips
56
Allein schon wegen
der absoluten Natur des Namensrechts (N 18) sind Namenskollisionen nach
dem Prioritätsprinzip zu lösen (statt aller BGE 117 II 516 f. – ASTAG; 83
II 259 – Neuapostolische Gemeinde; Lack,
155 f.; Troller, 211; nach Fezer, MarkenG § 16 N 82
folgt das Prioritätsprinzip aus der Natur der Sache). Es gilt die (zeitliche) Priorität
des Rechtserwerbs, wonach das von Gesetzes wegen (N 15) oder durch
Zeichengebrauch erworbene (N 16 f.) ältere Namensrecht dem jüngeren
Namens- oder anderen jüngeren Recht vorgeht (vgl. für die Einzelheiten Buri, Domain-Namen, 371 f.; Hilti, 118 ff.). Indessen richten sich
der sachliche und örtliche Schutzumfang jedes Namensrechtes nach den tatsächlichen
Auswirkungen des Namensgebrauchs (N 29 f.). Massgebend sind dabei
die Verhältnisse im Beurteilungs- bzw. Klageerhebungszeitpunkt. Dehnt z.B der
Inhaber des älteren Namensrechtes seinen Namensgebrauch erst nachträglich in
Tätigkeits- und Wirkungsbereiche des Inhabers des jüngeren Rechtes aus, so hat
er Abhilfe gegen eine daraus allenfalls resultierende Verwechslungsgefahr zu
schaffen. Im Ergebnis ist somit in derartigen Konfliktfällen unabhängig von der
Rechtserwerbspriorität die Erstgebrauchspriorität bezogen auf die
beteiligten Verkehrskreise massgebend (BGE 117 II 516 f. – ASTAG, vgl.
auch OR-Altenpohl, Art. 946
N 2; Baudenbacher, UWG Art.
3 lit. d, N 113; Troller,
214 f.).
57
Nach zutreffender,
auf Troller (211) zurückgehender
Auffassung, stellt das Prioritätsprinzip ganz allgemein nur, aber immerhin im
Rahmen des übergeordneten Grundsatzes der Interessenabwägung (N 54) den Bewertungsmassstab
für den Normalfall dar (der sich übrigens bei reinen Firmenkollisionen in
Art. 946 Abs. 1 und 951 Abs. 1 OR verankert findet; vgl. ferner Buri, Verwechselbarkeit, 191, Fezer, MarkenG Art. 15
N 82 f.). Damit ist auch gesagt, dass besondere Umstände das
Prioritätsprinzip im Einzelfall ganz oder in örtlichen bzw. sachlichen
Teilbereichen (z.B. im Bereich der Domainnamen) unmassgeblich machen können.
Umstände, die das Prioritätsprinzip zu relativieren vermögen, sind etwa
Gleichnamigkeit, Gleichzeitigkeit des Rechtserwerbs, gegenüber der
Rechtserwerbspriorität schützenswertere Erstgebrauchspriorität bezogen auf die beteiligten
Verkehrskreise (dazu schon N 56), u.dgl. m. (vgl. Troller, 211 ff.; ferner Joller 330 f., Six, 101 ff, 140 ff.). Die
Relativierung des Prioritätsgrundsatzes muss sich sodann keineswegs stets gegen
den Namensschutzsuchenden auswirken, sondern kann je nach Zeichengebrauchslage
ihm selber einen Namensschutz ohne Alterspriorität namentlich ohne
Rechtserwerbspriorität, verschaffen (BGer 4C.376/2004,
E. 3 - Maggi, in casu aber verneint; grundlegend a.M. Brückner, 300 N 997 Ziffer 1,
wonach bei fehlender Alterspriorität eines klägerischen Namens, die Klage
mangels Schutzrechts abzuweisen ist).
58
Das
Prioritätsprinzip bzw. ihm ausnahmsweise vorgehende andere
Beurteilungsmassstäbe (N 57) klären Kollisionen von Kennzeichenrechten (nicht
der Namen und Zeichen selber) in dem Sinne umfassend, als Gleichwertigkeit
von Namens- und anderen Kennzeichenrechten (N 54) besteht. Aus der
Gleichwertigkeit der (objektiven) Kennzeichenrechte folgt zwingend auch die
Gleichwertigkeit der von ihnen verliehenen subjektiven Kennzeichenrechte. Stets
setzt das Prioritätsprinzip aber den Bestand konkurrierender Rechte (bzw.
im Ergebnis gleicher Rechtspositionen nach UWG; N 12) bereits voraus.
Fehlt es hieran auf der einen oder anderen oder gar beiden Seiten, ist der
betreffende Zeichenkonflikt nicht als Prioritäts-, sondern als Bestandesfrage
der betreffenden subjektiven Rechte zu lösen (N 25).
c) Sonderregeln:
Koexistenzberechtigung verwechselbarer Zeichen
59
Vom Sonderfall der
Namensänderung (Art. 30) abgesehen, sind bürgerliche Namen nicht frei
wählbar und deren Träger zudem grundsätzlich verpflichtet, sie auch zu führen
(Art. 30 N 1). Niemandem kann daher untersagt werden, seinen Namen
(Zwangsnamen) im nichtgewerblichen Verkehr zu verwenden (a.M. für den Gebrauch als Domain-Name
für eine Familienwebsite BGer 4C.376/2004, E. 3.5 - Maggi). In diesem Bereich
ist mithin auch eine erhebliche Verwechslungsgefahr hinzunehmen, selbst wenn
diese v.a. bei häufigen Namen in beruflichen Belangen (im Personalwesen, bei
öffentlichem Wirken, im wissenschaftlichen Literaturbetrieb etc.) zu grossen
Misshelligkeiten führt. Die Verwendung des eigenen Namens zu gewerblichen
Zwecken unterliegt allerdings dem Prinzip der Erstgebrauchspriorität
(N 56) bzw. dem Lauterkeitsgebot (vgl. statt aller BGer 4C.376/2004 -
Maggi; BGE 116 II 617 – Gucci; ferner zum Gleichnamigkeitsproblem Buri, Verwechselbarkeit, 194 ff.,
MSchG-David, Art. 13 N 31
und Vorbem. Zum 3. Titel, N 31 f.; Joller,
330 f., Six, 136 ff.; Troller, 217 ff.).
60
Namen sind umso
eher mit anderen Zeichen verwechselbar, je geringer ihre Kennzeichnungskraft
ist (N 45). Dies haben Namensträger bei freier Namenswahl zu
beachten. Tun sie es nicht, kann ihnen im Einzelfall verwehrt sein, sich auf
die Rechtserwerbspriorität bzw. auf die Erstgebrauchspriorität in den
beteiligten Verkehrskreisen (N 56) zu berufen. Namentlich haben
Namensinhaber dann eine erhöhte Verwechslungsgefahr hinzunehmen, wenn
diese daraus resultiert, dass sie selber einen wenig kennzeichnungskräftigen
Namen gewählt haben (schwache Namen, Häufigkeit ähnlicher Zeichen und dgl.).
Umgekehrt verpflichtet dieser Umstand auf der Verletzerseite,
Verwechslungsgefahr mit der Wahl klar unterscheidbarer Namen zu vermeiden.
Keine Verletzung schützenswerter Interessen liegt ferner vor, wenn der
Namensträger nicht kennzeichnungskräftige Namensteile, z.B. gemeinfreie
Sachbezeichnungen bzw. Worte des Gemeingebrauchs, zu Hauptbestandteilen seines
Namens gemacht hat und diese dann von einem anderen in dessen Namen übernommen
werden (BGer sic! 2001–127 – Brico, BGer in ZR 91 Nr. 38, 143 – Prosoft; BGE 90
II 319 – Elin GmbH; OG LU LGVE 1976 – Epoca). Im Ergebnis führen diese
Grundsätze zu einer angesichts des öffentlichen Interesses an hinreichend
unterscheidbaren Namen (N 2) oft nicht unbedenklichen
Koexistenzberechtigung von – gemessen an der durchschnittlichen
Verkehrsauffassung – verwechselbaren Zeichen.
5. Bedeutung des Schutztatbestandes
des Art. 29 Abs. 2 für Firmen
61
«Wer durch den
unbefugten Gebrauch einer Firma beeinträchtigt wird», geniesst nach Art. 956
Abs. OR besonderen Firmenschutz. Indessen stellt die Firma eine im
Handelsregister eingetragene Namenssonderform des OR dar (N 5):
jede Firma ist somit zugleich ein Name und daher jeder Firmengebrauch immer
auch ein Namensgebrauch gemäss Art. 29 Abs. 2. Dabei gilt Subsidiarität des
Namensschutzes bzw. Exklusivität des Firmenschutzes, indem für Firmeninhaber in erster Linie
die Sondervorschriften des Firmenrechts gelten und erst in zweiter Linie die
Bestimmungen des Zivilgesetzbuches über den Namen (BGE 117 II 517 – ASTAG;
gl.M. die völlig h.L.).
62
Unbefugter
Firmengebrauch erfüllt als Namensgebrauch auch den klassischen
Verletzungstatbestand des Art. 29 Abs. 2 (N 37): insofern besteht
Identität von namens- und firmenrechtlichem Schutztatbestand. Subsidiarität des
Namensschutzes meint hier, dass Art. 956 Abs. 2 OR in solchen Fällen lex
specialis und Art. 29 Abs. 2 lex generalis ist, weshalb Letzterer bei
unbefugtem Firmengebrauch, obwohl dieser auch eine unbefugte Namensanmassung
darstellt, von vornherein nicht zum Zuge kommt (Leitentscheid BGE 92 II 278 –
Sihl, bestätigt in 107 II 362 – San Marco; weitere Fundstellen bei Bühler, 130). Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesgerichtes und überwiegender Lehre (Nw. bei Joller, 259), die freilich kritisiert
werden (vgl. etwa Hilti, 65 ff.,
und die Nw. bei Buri,
Verwechselbarkeit, 66 ff., Joller,
258 ff., 347), erlaubt Art. 956 Abs. 2 OR aber einzig die Abwehr eines
firmenmässigen Drittgebrauchs der geschützten Firma (BGE 117 II 517 – ASTAG).
Dagegen verletzt ein nicht firmenmässiger Gebrauch eines mehr oder weniger mit
einer Firma übereinstimmenden Zeichens das subjektive Firmenrecht an dieser
nicht. Darüber geht Art. 29 Abs. 2 weit hinaus, indem er neben namensmässigen
auch nicht namenmässige Firmen- bzw. Namensanmassungen erfasst (vorne
N 39). Das Gesetz sieht somit eine verglichen mit dem Firmenschutz grössere
Reichweite des Art. 29 Abs. 2 vor
(zustimmend KG Zug sic! 2004, 589 f. - IVF). Wo daher ein zwar
nicht firmenmässiger, wohl aber anderweitiger (namensanmassender) Gebrauch
einer Firma vorliegt, besteht gegebenenfalls Namensschutz nach Art. 29 Abs. 2
(BGE 92 II 278 – Sihl, 82 II 342 f. – EMET; ferner HGer ZH ZR 91 Nr.
38–139 – Prosoft). Das erlangt keineswegs nur, aber ganz besonders für die
Abwehr firmenverletzenden Domainnamengebrauchs praktische Bedeutung (Buri, Verwechselbarkeit, 67).
63
Insgesamt lässt
sich somit in Firmenschutzsachen in dem Sinne von Subsidiarität des Art. 29
Abs. 2 sprechen, als ihm in Fällen unbefugten Firmengebrauchs Art. 956 Abs. 2
als lex specialis vorgeht, er aber bei anderweitigen – firmenrechtlich nicht
fassbaren – Firmenanmassungen Kennzeichenschutz bietet (vgl. ferner zum
UWG-Kennzeichenschutz; Baudenbacher,
UWG Art. 3 lit. d, N 131). Damit sind alle für Art. 29 Abs. 2 und Art. 956
Abs. 2 OR einschlägigen Zeichengebrauchslagen erfasst, weshalb es – anders als
im Verhältnis zum UWG-Kennzeichenschutz (N 75) – keine kumulative
Anwendung des Namens- und Firmenschutz geben kann (a.M. Brückner, 296 N 977, wonach
die kumulative Anwendbarkeit der Art. 29 und Art. 956 OR ohne praktische
Bedeutung sei, weil der gerichtliche Rechtsschutz gemäss Art. 29 Abs. und Art.
956 Abs. 2 OR nach den gleichen Kriterien gewährt werde).
IV. Anspruchs- und Klageordnung des
Namensschutzes
1.
Übersicht
a) Rechte und Ansprüche gemäss Art. 29
64
Der Namensschutz
ist individual- bzw. subjektivrechtlich konzipiert (N 1, 12). Folgerichtig
umschreibt Art. 29 die Namensschutztatbestände als Rechtsverletzungstatbestände.
So sieht zunächst Art. 29 Abs. 1 einen Rechtsbehelf gegen Namensbestreitungen
vor. Ferner kann Art. 29 gestützt auf seinen Abs. 2 zum Schutz vor Namensanmassungen
angerufen werden. Im Falle solcher Anmassungen aktualisiert die Verletzung des
(absoluten) Persönlichkeitsrechts auf den Namen (N 18) einzelne (relative)
Ansprüche gegen den Verletzer, und zwar nicht nur, aber in erster Linie
Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche (N 68 f.). In diesen beiden
Namensschutztatbeständen und den sich daraus ergebenden Ansprüchen erschöpft
sich Art. 29 zugleich (zum Sonderfall der Namensanmassung durch Namensänderung
Art. 30 N 21 ff.). Alle anderen möglichen Verletzungen des
Namensrechtes werden nicht durch ihn, sondern durch den allgemeinen
Persönlichkeitsschutz und die in dessen Rahmen gewährten Ansprüche erfasst (BGE
120 III 63; Anwendungsfälle N 41 f.; vgl. ferner N 73).
b) Feststellung des Namensrechts
(Art. 29 Abs. 1)
65
Wem die Führung
seines Namens – etwa durch dauernde Falschbenennung – bestritten wird, kann
gemäss Art. 29 Abs. 1 auf Feststellung seines Rechtes klagen. Es handelt sich
dabei um eine Feststellungsklage im Sinne einer Bestandesklage, die
jedoch kaum praktische Bedeutung erlangt hat (dazu etwa Brosset, 3; Lack,
140, 204 f.; vgl. aber u. Art. 160 N 13; ferner hält Six, 109, das Registrierenlassen eines
Namens als Domainnamen unzutreffenderweise für eine Namensbestreitung; richtig
dagegen Buri, Verwechselbarkeit,
130 ff.). Gemäss Art. 12 lit. c des Gerichtsstandsgesetzes besteht sodann
für solche Bestandesklagen ein Sondergerichtsstand, wonach wahlweise am
Wohnsitz oder Sitz einer der Parteien geklagt werden kann (Einzelheiten
Kommentierung zu Art. 28 b). Weitere namensrechtliche Ansprüche sieht das
Gesetz bei Namensbestreitungen nicht vor, solche ergeben sich aber u.U. aus dem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 28 a).
c) Ansprüche und Klagen wegen
unbefugter Namensanmassung (Art. 29 Abs. 2)
66
Gegen
Namensanmassungen gewährt das Gesetz zunächst negatorische Klagen, wobei
die Unterlassungs- bzw. Beseitigungsklage (N 68 f.) hier
völlig im Vordergrund steht. Obschon Art. 29 Abs. 2 hierüber schweigt, sind
aber auch bei Namensanmassungen (und nicht nur bei Namensbestreitungen) Feststellungsklagen
zulässig (BGE 80 II 138 ff. – Fiducia). Diese haben jedoch – anders
als die Klagen wegen Namensbestreitung (N 65) – nicht den Bestand eines
Namensrechtes zum Gegenstand, sondern die Feststellung der
Widerrechtlichkeit einer sich weiterhin störend auswirkenden Verletzung des
Namensrechtes (Art. 28 a Ziff. 3; instruktiv dazu die Domainnamenfälle
HGer AG vom 10. 4. 2001, sic 2001, 535. Tribunal cantonal VS vom 29. 1. 2001,
sic 2001, 744; vgl. ferner Art. 28 a N 6 ff.). Solche Klagen
können gemäss dem Sondergerichtsstand Art. 12 lit. c des
Gerichtsstandsgesetzes wahlweise am Wohnsitz oder Sitz einer der Parteien
angebracht werden.
67
Darüber hinaus
stehen für den Namensschutz auch reparatorische Klagen zur Verfügung. So
kann eine Schadenersatzklage gemäss Art. 29 Abs. 2 unter den allgemein
haftpflichtrechtlichen Voraussetzungen erhoben werden, dass die (schon als
solche grundsätzlich widerrechtliche) unbefugte Namensanmassung einen Schaden
adäquat verursacht hat und den Anmassenden hieran ein Verschulden trifft (BGer 4C.141/2002, E. 5 - DJ Bobo; Lack, 210 ff., Six, 114 ff.). Es kann aber auch –
analog Art. 28 a Abs. 3 – der Art. 423 OR über die Geschäftsführung ohne
Auftrag herangezogen, also im Ergebnis auf Gewinnherausgabe geklagt
werden (Buri, Verwechselbarkeit,
236 ff., Lack, 214 f.).
Für die Genugtuungsklage ist Art. 29 Abs. 2 als Verweisung auf Art. 49
OR zu verstehen (so schon BGE 42 II 320). Als Anspruch im Sinne des (per 1. 7.
1985 revidierten) Art. 49 OR setzt der Genugtuungsanspruch hier voraus, dass
die Namens- bzw. Persönlichkeitsverletzung wegen ihrer Schwere einen
finanziellen Ausgleich rechtfertigt (dazu auch für die Namensanmassung Baudenbacher, UWG Art. 9 N 250)
und die Verletzung nicht anderweitig wieder gutgemacht werden kann (Art.
28 a N 17). Nach hier vertretener Auffassung muss sodann auch ein
Verschulden des Verletzers vorliegen (was freilich umstritten ist, vgl. Art.
28 a N 17; ferner BK-Brem,
Art. 49 OR N 6; Baudenbacher,
UWG Art. 9 N 248; Lack,
211 ff.; Six, 115). Für die
reparatorischen Klagen bestehen gemäss Gerichtsstandsgesetz Sondergerichtsstände,
nämlich allgemein wahlweise am Wohnsitz oder Sitz einer der Parteien (Art. 12
lit. c Gerichtsstandsgesetz) sowie betreffend Schadenersatz- und
Genugtuungsklagen am Handlungs- oder Erfolgsort (Art. 25 Gerichtsstandsgesetz).
2. Unterlassungs- und Beseitigungsklage
– vorsorgliche Massnahmen
68
Die
Unterlassungsklage setzt eine Verletzung des Namensrechtes durch
unbefugte Namensanmassung (N 31–60), nicht aber ein Verschulden voraus
(BGE 90 II 322 – Elin GmbH). Ein solcher Unterlassungsanspruch besteht,
falls und solange eine Gefahr von Namensanmassungen andauert (BGE 118 II 5 =
Pra 1993, 349). Mit der Unterlassungsklage kann ein mit einer Strafandrohung
von Art. 291 StGB verbundenes Verbot, den angemassten Namen namensmässig oder
anderweitig zu verwenden, durchgesetzt werden. Möglich sind als
Unterlassungsanordnung auch sachliche oder örtliche Teilverbote anmassenden
Zeichengebrauchs (BGE 117 II 518 – ASTAG) oder die Anordnung von
einschränkenden Auflagen für den
Namensgebrauch (BGer 4C.376/2004, E. 3.2 - Maggi,
mit Nw.).
69
Darüber hinaus ist
in dem namensrechtlichen Abwehranspruch neben dem Unterlassungs- auch ein Beseitigungsanspruch
mitenthalten (BGE 102 II 307 – Abraham; vgl. nunmehr auch Art. 28a Abs. 1
Ziffer 2), etwa auf die Entfernung von Namensschriftzügen an Gebäuden usw., auf
eine z.B. auf die Kundschaft abzielende Urteilsveröffentlichung (BGE 80 II 149
– Fiducia; 83 II 262 – Neuapostolische Gemeinde) oder die Löschung eines
Domainnamens bei der Vergabestelle bzw. dessen Übertragung auf den Berechtigten
(Buri, Domain-Namen, 388 ff.).
70
Für vorsorgliche
Massnahmen sind die Art. 28 c–f auch für das Namensrecht heranzuziehen
(so wie hier A. Bucher, Personen,
220 N 845; Six, 123).
Demnach sind beim Namensschutz sowohl die Voraussetzungen als auch die Art der
zulässigen Massnahmen sowie weitere Einzelfragen des einstweiligen
Rechtsschutzes bundesrechtlich geregelt (für die Einzelheiten vgl.
o. die Komm. zu Art. 28 b–f; Buri,
Verwechselbarkeit, 240, Six,
123 ff.; Bsp. AmtsGerPräs Bern-Laupen sic! 2004, 31- FMH; OGer LU sic!
2000, 516 ff. – www.luzern.ch). Es besteht jedoch für die gesetzlichen
Namen (N 4 ff.) eine Besonderheit. Für sie können nur einschränkende
Auflagen für den Namensgebrauch (N 68), nicht aber einstweilige Verbote der
Namensführung schlechthin angeordnet werden, weil Letzteres zwingend auch eine
Namensänderung für die Prozessdauer bedingen und damit faktisch das Endurteil
vorwegnehmen würde. Solches aber ist zufolge des Verhältnismässigkeitsprinzips
unzulässig.
3. Anspruchsverwirkung –
Anspruchsverzicht
71 Verspätete Rechtsausübung, wie sie aufgrund des Art. 2 Abs. 2 als rechtsmissbräuchlich
erscheinen kann, ist auch im Namensrecht als Anspruchsverwirkung zu beachten
(HGer SG SMI 1984, 144; Troller,
216 Anm. 39). Zwar unterliegt nicht das (absolute) Persönlichkeitsrecht am
Namen (N 1, 18) als solches der Verwirkung, wohl aber die einzelnen aus
ihm fliessenden (relativen) Ansprüche gemäss Art. 29 (N 64). Voraussetzung
ist dabei, dass der Berechtigte die Verletzung seiner Rechte durch Mitgebrauch
eines gleichen oder ähnlichen
Zeichens während längerer Zeit widerspruchslos
geduldet und der Verletzer inzwischen am Zeichen einen eigenen wertvollen
Besitzstand erworben hat (BGer 4C.376/2004, E. 4.1 - Marke
Maggi) oder sich ein Namensinhaber durch die Rechtsausübung mit seinem
bisherigen, fremde Namensverwendung duldenden Verhalten in Widerspruch setzt
und die plötzliche Geltendmachung namensrechtlicher Ansprüche den anderen
unbillig benachteiligt (HGer SG SMI 1984, 144; zu den Verwirkungsvoraussetzungen
im Firmen- und Lauterkeitsrecht BGE 117 II 575, Baudenbacher, UWG Art. 3 lit. d, N 273 ff.). Trifft
dies zu, hat sich der Träger des prioritätsälteren Namens mit der Koexistenz
des jüngeren Zeichens abzufinden.
72
Von vornherein
nicht unbefugt (widerrechtlich) ist eine vom Namensträger gestattete
Namensverwendung (BGE 72 II 3 ff.; A. Bucher, Personen, N 843). Grundlage hierfür sind etwa
Ehescheidungskonventionen (BK-Spühler,
Art. 149 N 12 f.), zeichenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen,
Vergleiche in Kennzeichenschutzprozessen, Unternehmenskäufe (HGer ZH SMI 1984,
351 ff.) sowie Merchandising-, Franchising- und ähnliche Verträge, in
deren Rahmen Dritten die Verwendung der Namen natürlicher Personen (etwa
bekannter Sportler) oder anderweitiger Namen erlaubt wird (vgl. Lack, 183 ff.). Derartige
Vereinbarungen lassen das (absolute) Persönlichkeitsrecht am Namen, das als
solches unverzicht- und unübertragbar ist (N 18), unberührt. Sie umfassen
nicht mehr und nicht weniger als den – Fälle der Publikumstäuschung vorbehalten
– zulässigen Verzicht auf die Geltendmachung und Durchsetzung künftiger
(relativer) namensrechtlicher Ansprüche (N 64 ff.; i.E. gleich Aisslinger, 35; Lack, 184; BK-Spühler,
Art. 149 N 13). In diesem Sinne kann, was den praktischen Hauptfall
darstellt, namentlich auf die Geltendmachung namensrechtlicher
Unterlassungsansprüche verzichtet werden (Bsp.: HGer AG AGVE 1997, 36 ff.,
wo der entsprechende Gestattungsvertrag unter die Linzenzverträge mit
gesellschaftsähnlichen Zügen subsumiert wurde).
V. Mehrgleisigkeit des
Namensschutzes
73
Art. 29 ist
keineswegs die einzige für den Schutz von Namen einschlägige Bestimmung. So
besteht ein indirekter Namensschutz nach Art. 28, wenn ein nicht unter
Art. 29 fallender Namensgebrauch eine Persönlichkeitsverletzung darstellt (Bsp.
N 21, 37, 41 f.). Da es zudem oft schwierig ist, die
Anwendungsbereiche der Art. 28 und 29 voneinander abzugrenzen (Oberholzer/Pedrazzini, 189 f.; Lack,
193 ff.), empfiehlt sich, ggf. entsprechende Begehren immer nach beiden
Vorschriften zu stellen und zu substanziieren. Umgekehrt erweist sich die Firma
als Namenssonderform mit eigener Schutznorm in Art. 956 Abs. 2 OR, die als lex
specialis Art. 29 ZGB vorgeht, so dass Letzterem für den Schutz von
Firmen lediglich subsidiäre Bedeutung zukommt (N 61 ff.). Über
dieses engere namensrechtliche Umfeld in ZGB und OR hinaus schafft der
Namensgebrauch im Wettbewerb sodann häufig Berührungspunkte zum
wettbewerbsrechtlichen Kennzeichenschutz des Art. 3 lit. d UWG (vgl.
statt vieler OR-Altenpohl, Art.
956 N 16; Lack,
193 ff.; Streuli-Youssef, 153 ff.; Troller, 150 f.; betr. das
Markenrecht vgl. MSchG-David,
Vorbem. zum 1. Titel N 8; Willi,
Vor 1, N 38 ff.).
74
Oft stecken hinter
Berührungen des Namens- mit dem Firmen- und/oder Lauterkeitsrecht nichts weiter
als (herkömmliche) Auslegungsprobleme zum Anwendungsbereich der
betroffenen Normen. Ein Bsp. hierfür liefern Fälle, in denen die Firma des
einen von einem anderen als Enseigne verwendet wird mit entsprechender
Verwechslungsgefahr. Dazu ergibt die Auslegung des Art. 956 OR, dass nach
diesem nur gegen den firmenmässigen Missbrauch einer Firma vorgegangen werden
kann, nicht aber gegen einen solchen z.B. als Enseigne (N 62). Es bleibt
somit – wenn überhaupt – nur ein Vorgehen nach Namensrecht (vgl. aber N 8
sowie entsprechend für die Domainnamen N 9) bzw. nach UWG (BGE 91 II
17 ff. – La Résidence). In den zahlreichen Fällen dieser und verwandter
Art lässt sich z.B. davon sprechen, der Namensschutz ergänze den
Firmenschutz (vgl. etwa Troller,
150 m.Hw.) oder das UWG ergänze den Namensschutz. Das alles darf jedoch nicht
missverstanden werden: Namens-, Firmen- und Lauterkeitsrecht sind gleichwertig
(N 54), und es bestehen für deren Aufeinandertreffen in Auslegungsfragen
keine Gesetzeshierarchien. In diesem Sinne ergänzt jedenfalls keines der
Kennzeichenrechte das jeweils andere.
75
Nicht selten sind Sachverhalte
anzutreffen, für welche die Auslegung der Art. 29 ZGB, Art. 956 OR und Art. 3
lit. d UWG (N 74) ergibt, dass sie Tatbestände gleichzeitig des Namens-
und des Lauterkeitsrechts, des Namens- und des Firmenrechts oder gar aller drei
Gebiete erfüllen. Alsdann liegen echte Normenkonkurrenzen vor, die zu
gleichzeitigen Rechtsfolgen (insb. Ansprüchen) der verschiedenen Bereiche führen.
So kann eine Namensanmassung zugleich auch eine Art. 956 OR verletzende
Nachahmung einer Firma und erst noch unlauter sein. Gegen
firmenrechtswidrige Namensanmassungen gewährt das ZGB keinen zusätzlichen
Schutz, sondern es herrscht insoweit Exklusivität des Firmenrechts
(N 61 ff.). Demgegenüber besteht kumulative Anwendbarkeit der Art.
29 ZGB und Art. 3 lit. d UWG (statt aller HGer ZH sic! 1999, 304 – Brockenhaus,
Baudenbacher, UWG Art. 3 lit. d,
N 123, vgl. ferner diesen auch in N 76 ff.). Gemeint ist damit
aber bloss Kumulation der Anspruchsgrundlagen, nicht der Ansprüche. Welche
Ansprüche dabei zum Zuge kommen, ist von der Fallkonstellation abhängig bzw.
nicht zuletzt davon, wie diese im Prozess dargelegt wird. So hatte das
Bundesgericht etwa in BGE 87 II 112 (Narok) festzustellen, weil ein
Unterlassungsanspruch nach Art. 29 Abs. 2 gegeben sei, fehle das rechtliche
Interesse, dass der Namensträger in gleicher Weise auch noch nach UWG geschützt
werde (vgl. auch BGer 4C.141/2002; E. 4 - DJ Bobo). Umgekehrt
konnte BGE 114 II 111 (Cebit) angesichts des dortigen Prozessstoffes offen
lassen, ob die Klage auch nach Namensrecht gutzuheissen wäre (ähnlich auch BGE
98 II 67 – Standard Commerz Bank), nachdem der eingeklagte Zeichengebrauch sich
als unlauter erwiesen hatte. Zu bedenken ist dabei aber stets, dass unlauter
nur Handlungen sein können, die objektiv auf eine Beeinflussung der
Wettbewerbsverhältnisse angelegt sind (Baudenbacher,
UWG Art. 3 lit. d, N 23 ff.). Wo dies für einen namensverletzenden
Zeichengebrauch nicht zutrifft, was etwa bei Domainnamen häufig der Fall ist,
stehen dem Verletzten (von firmenrechtlichen Sonderkonstellationen abgesehen)
nur die namensrechtlichen Abwehrmöglichkeiten zu Gebote.
Art. 30
1 Die Regierung des
Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn
wichtige Gründe vorliegen.
2 Das Gesuch der Brautleute,
von der Trauung an den Namen der Ehefrau als Familiennamen zu
führen, ist zu bewilligen, wenn achtenswerte Gründe vorliegen.
3 Wer durch Namensänderung
verletzt wird, kann sie binnen Jahresfrist, nachdem er von ihr Kenntnis
erlangt hat, gerichtlich anfechten.
Literatur
Geiser, Die neuere
Namensänderungspraxis des schweizerischen Bundesgerichts, ZZW 1993,
374 ff.; Guinand,
L'évolution de la jurisprudence en matière de changement de nom, ZZW 1980,
350 ff.; Häfliger, Die
Namensänderung nach Art. 30 ZGB, Diss. Zürich 1996; Mangold, Familienänderungen im Kanton Basel-Stadt unter
Berücksichtigung von Fällen aus dem Bereiche des IPR, Diss. Basel 1981; Müller, Die Namensänderung nach Art. 30
ZGB, Diss. Zürich 1972; Schüpach,
Der Personenstand, Erfassung und Beurkundung des Zivilstandes, SPR II/3, Basel
und Frankfurt a.M. 1996; vgl. ferner die Literaturhinweise zu Art. 29, 160 und
270.
Inhaltsübersicht
I. Normzwecke 1
II. Namensänderung
aus wichtigen Gründen (Abs. 1) 4
1. Ausgangspunkte 4
2. Wichtige
Gründe für die Namensänderung 5
a) Interessenabwägung 5
b) Fallgruppen von
Namensänderungsgründen 8
c) Sonderfragen betreffend den neuen
Namen 11
3. Administratives
Bewilligungsverfahren 13
III. Namensänderung
von Brautleuten (Abs. 2) 17
1. Ausgangspunkte 17
2. Achtenswerte
Gründe für die Namensänderung 18
3. Administratives
Bewilligungsverfahren 19
IV. Gerichtliche
Anfechtung von Namensänderungen (Abs. 3) 21
1. Ausgangspunkte 21
2. Namensrechtsverletzung
– Interessenabwägung 25
3. Anfechtungsprozess 28
V. Wirkung
der Namensänderung 29
I. Normzwecke
1
Nach Art. 30
kann der einmal erworbene gesetzliche Name natürlicher Personen (N 4) zwar
geändert werden, dies aber nur, wenn hierfür wichtige Gründe vorliegen: die
Bestimmung verankert damit den Gesetzesgrundsatz der Unabänderlichkeit des
Namens (BGE 131 III 207; ferner etwa BGer 5C.163/2002, E. 4.3.2; BGE 119 II
311 = Pra 1994, 388). Das ergäbe jedoch wenig Sinn, könnten die Namensträger
gleichwohl beliebige Namen benutzen. Deshalb folgt aus Art. 30 zwingend die
Pflicht der natürlichen Personen, ihre Namen so wie erworben und eingetragen
auch zu führen (BGE 108 II 162; 99 Ia 563; zum Sonderfall der Allianznamen Art.
160 N 18 ff.). Diese Namensführungspflicht ist vor dem Hintergrund der Rechts- und
Verkehrssicherheit zu sehen (Riemer,
Personenrecht, 111, Rz 218), besteht aber nur im amtlichen
Verkehr. Ausserhalb desselben dürfen sich natürliche Personen auch
anderweitiger Namen wie etwa Pseudonymen (Art. 29 N 7) bedienen. Mit dem
Namenserwerb entsteht sodann nicht nur die Namensführungspflicht, sondern
zugleich auch das Recht auf den Namen gemäss Art. 29 (vgl. BGE 108 II
162; o. Art. 29 N 1 und 15; ferner u. N 29).
2
Der Name soll
dem Namensträger das Fortkommen ermöglichen und erleichtern, und es sollen
diesem aus seinem Namen nicht wirkliche Nachteile oder erhebliche
Unannehmlichkeiten erwachsen (BGer 5C.163/2002, E. 2.1; BGE 120 II 277). Im
Hinblick darauf bezweckt Abs. 1 des Art. 30 die Beseitigung
persönlichkeitsverletzender Nachteile, wie sie mit – z.B. lächerlichen –
Namen als solchen verbunden sein können oder u.U. Folge rigoroser Anwendung
namensrechtlicher Vorschriften des ZGB sind (vgl. z.B. BGer ZZW 1989, 373 und
BGE 100 II 295 = Pra 1975, 349). Einen völlig anderen Zweck verfolgt dagegen
der im Jahre 1988 ins Gesetz eingefügte Abs. 2 des Art. 30. Mit ihm wird
der eherechtliche Grundsatz des Art. 160 Abs. 1 ZGB, wonach der Mannesname
Familienname der Ehegatten ist, zwecks Gleichstellung der Geschlechter in
ein faktisches Familiennamenswahlrecht der Brautleute abgemildert (N 17 ff.).
3
In allen seinen
Anwendungsbereichen bezweckt Art. 30, natürlichen Personen zum Erwerb eines
neuen Namens zu verhelfen (mag dieser auch oft teils gleich lauten wie der
bisherige). Blosse Namensberichtigungen
sind dagegen nach Art. 42 f. vorzunehmen, d.h. im Zusammenhang
mit Berichtigungen von Personenstandsangaben in den herkömmlichen
Zivilstandsregistern bzw. dem "Informatisierten
Personenstandsregister" (Infostar). Solche Berichtigungen setzen eine Fehlerhaftigkeit
des Namenseintrags voraus, die gemäss Art. 42 grundsätzlich auf Klage hin
durch das Gericht, bei offensichtlichen Versehen und Irrtümern aber durch die
Zivilstandsbehörden von Amtes wegen zu beheben ist (zur Abgrenzung o. Komm zu
Art. 42 f.). Der betreffende Name soll im Rahmen der Art. 42 f. also nicht
geändert, sondern ihm vielmehr gegenüber einem unrichtigen Namenseintrag
Geltung verschafft werden (zum Sonderfall der nach Geschlecht des Namensträger
veränderbaren Namen BGE 131 III 201).
II. Namensänderung aus wichtigen
Gründen (Abs. 1)
1.
Ausgangspunkte
4
Art. 30 in Abs.
1 bezieht er sich nur auf die Änderung von Namen natürlicher Personen, indem
für die anderweitigen Namensträger hierfür Sondernormen bestehen. So gilt Art.
30 für die Änderung der Vereins- und Stiftungsnamen (BK-Riemer, syst. Teil zu Art. 60 ff. N 387; ders., Art. 85/86 N 67) ebenso
wenig wie für Firmenänderungen der Handelsgesellschaften und Genossenschaften
(vgl. z.B. Art. 626 Ziffer 1 OR i.V.m. 698 Abs. 2 Ziffer 1 OR). Aber auch bei
den natürlichen Personen erfasst Art. 30 gemäss seinem Normzweck nur die vom
Gesetz vorgesehenen und geregelten, d.h. die gesetzlichen Namen bzw.
Namen erster Ordnung. Das sind die Familiennamen (Art. 160 und 30 Abs.
2, 270; zum Allianznamen als Namen zweiter Ordnung u. Art. 160
N 18 ff.), die eherechtlichen Doppelnamen (Art. 160 Abs. 2 und
3; Art. 177 a ZStV) sowie die Vornamen (Art. 267 Abs. 3, 301 Abs.
4). Andere Namen natürlicher Personen – Einzelfirmen, nichtgesetzliche Namen
wie Pseudonyme und dgl. (Namen dritter Ordnung) – können zwar Namen im Sinne
des Art. 29 sein (Art. 29 N 5, 7 ff.), sind aber nicht unter den
Voraussetzungen und im Verfahren des Art. 30 zu ändern. Diese sind vielmehr
frei änderbar.
2. Wichtige Gründe für die
Namensänderung
a) Interessenabwägung
5
Art. 30 Abs. 1
bezweckt, mit dem zu ändernden Namen
verbundene ernstliche Nachteile, zu beseitigen (N 2), doch steht die Namensänderung
nicht im Belieben des Einzelnen (BGer 5C.163/2002, E. 4.3.2), sondern setzt wichtige Gründe voraus. Diese
sind nach objektiven Kriterien zu
werten (dazu und zum Folgenden BGer 5C.97/2004, E. 3.2, 5C.163/2002, E. 2.1; Riemer, Personenrecht, 114
Rz 230), d.h. danach, wie der zu ändernde Name auf die Umwelt wirkt. Dabei
sind einzig sachliche, nicht vom Gefühl bestimmte Kriterien massgebend, wogegen
eine Namensänderung aus rein subjektiven Gründen ausser Betracht fällt:
wichtige Gründe gemäss Art. 30 Abs. 1 sind demnach wichtige sachliche Gründe (Riemer
in SJZ 2005, 452 zu BGer 5C.97/2004).
6
Bei der Prüfung
des Vorliegens wichtiger Gründe im Sinne des Art. 30 Abs. 1 hat eine alle objektiv relevanten Umstände des
Einzelfalls miteinbeziehende Interessenabwägung nach Art. 4 ZGB stattzufinden
(BGE 124 III 402, 117 II 8 = Pra 1992, 128; BGE 105 II 66; vgl. aber N 8).
Es geht somit um einen Entscheid nach
Recht und Billigkeit (BGer 5C.152/2005, E. 3.1), der als solcher keinen
starren Regeln unterliegt (Riemer,
Personenrecht, 114, Rd 230; Schüpach,
25; ferner die Hw. zu Art. 30 bei ZK-Dürr,
Art. 4 ZGB, N 63, 66 f.). Dabei können ganz verschiedenartige
Interessen der Namensträger erheblich werden, so neben moralischen, sittlichen,
geistigen und seelischen auch wirtschaftliche oder administrative
(Zusammenfassung der Rechtsprechung in BGer 5C.163/2002, E. 2). Sie
rechtfertigen eine Namensänderung dann, wenn ihretwegen das Interesse des
Namensträgers an einem neuen Namen das Interesse der Verwaltung und der
Allgemeinheit an der Unveränderlichkeit des einmal erworbenen (gesetzlichen)
Namens sowie an Kennzeichnung des Einzelnen überwiegt (BGer 5C.163/2002, E. 2;
BGE 120 II 277; 117 II 9 = Pra 1992, 129).
7
Bei der Namensänderung kommt
es ausschliesslich auf die Interessen des Namensträgers als Individuum an, die
für sich allein genommen die ihnen gegenüberstehenden öffentlichen Interessen
überwiegen müssen (BGE 117 II 9 = Pra 1992, 129). Abzustellen ist daher immer
nur auf eigene (persönliche) Interessen des Namensträgers, also
bereits schon nicht mehr z.B. auf die Interessen einer Familie, ihren Namen vor
dem Aussterben zu bewahren (BGE 108 II 250 = Pra 1983, 147; a.M. Hegnauer/Breitschmid, N 13.33).
b) Fallgruppen von
Namensänderungsgründen
8
aa) Zunächst erlaubt Art. 30 Abs. 1 die
Namensänderung wegen Nachteiligkeit des bisherigen Namens als solchem,
etwa weil dessen Lächerlich-, Hässlich- oder Anstössigkeit einen wichtigen
Grund hierfür ergibt. Bei dieser Fallgruppe der traditionellen
Namensänderungen nach Art. 30 Abs. 1 (Geiser,
ZZW 1989, 33) geht es um Namen, die ihren Träger dem Spott aussetzen, z.B. weil
sie lächerlich, hässlich oder anstössig sind bzw. dauernd verstümmelt oder
verunstaltet werden (BGer 5C.97/2004, E. 2.2; BGE 120 II 277; BGer ZZW 1989,
373 f.: «Kliebenschädel» – «Kliby»). Solch nachteilige Namen können, vor allem wenn sie eine Sachbezeichnung
darstellen oder an eine solche anklingen, u.U. das Fortkommen ihrer Träger
unbillig erschweren (BGE 98 Ia 455 ff. - «Amherd» franz ausgesprochen «ah!
merde»; «Fuchsloch» für einen Verkäufer, RB TG zit. bei Müller, 92; «Crétin», zit. bei Riemer, Personenrecht 114 Rz 231; weitere Bsp. bei Häfliger, 220 ff.; Schüpach, 92 Anm. 224). Immerhin rufen
solche Namen nicht zwangsläufig negative Vorstellungen hervor, die eine
Namensänderung rechtfertigen würden (BGer zit. bei Mangold, 127: «Löffel»; vgl. ferner BGer ZZW 1993,
298 f.: «Wacker»).
9
Demgegenüber ist es für
sich allein genommen kein wichtiger
sachlicher Grund für eine Namensänderung, mit dieser eine bestimmte
Religionszugehörigkeit hervorheben oder verschleiern zu wollen. Hierbei setzt
eine Namensänderung vielmehr das Vorliegen zusätzlicher
konkrekter Nachteile wegen der Namensführung voraus (bejaht in BGE 108 I 5
f.: anders, wenn auch nicht einheitlich gehandhabt, die liberalere Praxis bei
der reinen Vornamensänderung, VerwGer SO SJZ 1985, 10; vgl. auch Häfliger, 230 ff.; Müller, 105 ff.; Riemer, Personenrecht 117 f.,
Rz 242). Gleichermassen ist das Bestreben eine bestimmte - z.B.
balkanische - Herkunft und Abstammung verbergen bzw. vergessen machen zu
wollen, für sich allein kein wichtiger Namensänderungsgrund (Bger 5C.163/2002,
E. 3.29; Riemer, Personenrecht,
115 Rz 232; vgl. auch u. Art. 270 N 17). Immerhin ermöglicht Art. 30 Abs. 1 in
gewissem Umfange die Anpassung fremdländischer Namen an die schweizerischen
sprachlichen Verhältnisse (vgl. zu solchen Helvetisierungen z.B. Riemer, Personenrecht 115, Rz 232;
Häfliger, 222 ff.; Müller, 94), hingegen nicht die
Änderung von Namen, deren Schreibweise aus bloss historischen oder regionalen
Gründen abgelehnt wird (BGer zit. bei Geiser,
ZZW 1993, 376 Anm. 26). Erst recht sind nach Art. 30 Abs. 1 Nachteile wegen
gelegentlicher falscher Aussprache oder Schreibung eines Namens unbeachtlich,
zumal wenn der Namensträger es auch noch selber in der Hand hat, den fraglichen
Misshelligkeiten entgegenzuwirken (BGE 5P.50/2001 vom 22. 3. 2001).
10
bb) Die Fallgruppen ehe- oder
kindesrechtlicher Namensänderungen hat nichts damit zu tun, dass der zu
ändernde Name lächerlich, hässlich oder anstössig (N 8) wäre. Vielmehr soll ein
vom Ehe- oder Kindesrecht vorgesehener Name wegen mit ihm konkret verbundener
ernsthafter sozialer Nachteile durch einen anderen ersetzt werden, der zu
tragen wäre, würde das Gesetz nur entsprechend lauten. Die Namensänderung
bedeutet hier also eine Korrektur der gesetzlichen Namensordnung im
Einzelfall (BK-Hegnauer,
Art. 270 N 58) bzw. eine «Vervollständigung» des Art. 270 (BGE 119 II
309 f. = Pra 1994, 387 f.) und teils auch des Art. 160. Derartige
Konstellationen begründen aber nicht etwa die gewissermassen natürliche
Vermutung für das Vorliegen eines wichtigen Namensänderungsgrundes nach Art. 30
Abs. 1: Sie stellen lediglich die allfällige Ursache eines solchen Grundes und
nicht diesen selbst dar. Was bei diesen gesetzeskorrigierenden
Namensänderungen des Näheren überhaupt wichtiger Grund nach Art. 30 Abs. 1
sein kann, hängt stark von der jeweils zu korrigierenden Gesetzesregelung ab
(vgl. auch BK-Hegnauer, Art. 270
N 58) und ist daher hinten in der Komm. zu den Art. 160
(N 15 ff.) und 270 (N 15 ff.) darzulegen.
c) Sonderfragen betreffend den neuen
Namen
11
Der neue Name, der
mit der Namensänderung verliehen werden soll, ist in die hierfür erforderliche
Interessenabwägung (N 5 ff.) gegebenenfalls miteinzubeziehen, was
sich bei den ehe- und kindesrechtlichen Namensänderungen (N 10) zwingend aus
der Natur der Sache ergibt. Andererseits ist bei Ungesetzlichkeit des neuen
Namens, der mit einer Namensänderung angestrebt wird, eine Interessenabwägung
nach Art. 4 (s.o. N 5 ff.) schon gar nicht erforderlich. So sind etwa
wegen des gesetzlichen Grundsatzes der Einheit des Familiennamens gemäss
Art. 270 Gesuche von Ehegatten, wodurch diese nicht gemeinsam bzw. nicht
zusammen mit allfälligen gemeinsamen unmündigen Kindern Namensänderungen
verlangen, von vornherein abzulehnen (BK-Hegnauer,
Art. 270 N 46 ff). Ebenso wenig bedarf es einer Interessenabwägung
nach Art. 30 Abs. 1, wenn der beantragte neue Name etwa in dem Sinne gegen Art.
8 BV verstösst, als Namen Adelspartikel nicht neu hinzugefügt werden dürfen
(BGE 120 II 279).
12
An den Interessen gleichnamiger Dritter ist der Namensänderung
gewünschte neue Name nur zu messen, soweit solche mit dem Gesuchsteller eng
verbunden sind (Einzelheiten u. N 14). Darüber hinaus sind aber im Verfahren
nach Art. 30 Abs. 1 Drittinteressen – oft Tausender – von Trägern des gleichen
Namens wie des allenfalls zu ändernden nicht zu berücksichtigen (ferner zu
bloss ähnlichen Namen N 22). Wegen der subjektivrechtlichen Konzeption des
Namensschutzes (Art. 29 N 12, 20 und 71) kann es nach der hier vertretenen
Auffassung selbst in Fällen eindeutiger Anmassungen des Namens ganz bestimmter
Personen weder Recht noch gar Pflicht der Namensänderungsbehörden sein, an
deren Stelle Namensschutz zu betreiben (offen gelassen in BGE 112 II 63 für die
handelsregisterliche Prüfung von Personenfirmen; a.M. A. Bucher, Personen, N 829; Geiser, ZZW 1993, 376). Die
Interessenabwägung bei der Namensänderung im administrativen Bewilligungsverfahren
ist daher nicht in Bereiche auszudehnen, die Gegenstand der gerichtlichen
Anfechtung (N 21 f.) sein können.
3. Administratives
Bewilligungsverfahren
13
Namensänderungen
nach Art. 30 Abs. 1 erfolgen nicht von Amtes wegen, sondern nur aufgrund eines Namensänderungsgesuchs
(das ggf. auch von einem gesetzlichen Vertreter eingereicht werden kann;
vgl. aber Art. 270 N 35). Für die Bewilligung solcher Gesuche ist gemäss
Art. 30 Abs. 1 die Regierung des Wohnsitzkantons des Gesuchsstellers
zuständig (zu den Delegationsmöglichkeiten A. Bucher,
Personen, N 821). Namensänderungen stellen Sachen der freiwilligen
Gerichtsbarkeit dar (Messmer/Imboden, 74 ff.; Schüpach 90) und sind nach kantonalem
Verwaltungsverfahrensrecht zu behandeln. Nach einem ein- oder zweistufigen
verwaltungsinternen Instanzenzug sind sodann meist Rechtsmittel an kantonale
Gerichte vorgesehen, sei es an Verwaltungsgerichte (z.B. AG, FR, SZ, SO, TG)
oder an Zivilgerichte (z.B. Appellationshof BS; Kantonsgericht GR; Obergerichte
LU, ZH).
14 Verfahrenspartei
ist,
wer um Änderung seines Namens nachsucht. Inwiefern weiteren Personen
Parteirechte zukommen, richtet sich nach kantonalem Recht (zum Verfahren vor
Bundesgericht N 15 f.). Indessen ist aber stets von Bundesrechts
wegen Dritten rechtliches Gehör zu gewähren und damit Parteistellung einzuräumen,
die den gleichen Namen tragen wie der Gesuchsteller und die mit diesem in einer
engen sowohl persönlichen als auch vermögensrechtlichen Beziehung stehen (dazu
und zum Folgenden BGE 127 III 193 = Pra 2001, 884, 124 III 49, 50 E. 2 b =
Pra 87 Nr. 86). Das trifft auf den Vater im Verfahren der Namensänderung seines
minderjährigen Kindes ebenso zu wie für den Ehegatten im Verfahren des anderen
betreffend Änderung des Familiennamens. Ferner ist einem Ehegatten die
Gelegenheit zu geben, sich zum Gesuch seines Ehepartners zu äussern, das darauf
abzielt, den Allianznamen (BGE 110 II 97, 101 E. 4 = Pra 73 Nr. 249) oder den
Teil des Doppelnamens zu ändern, der nicht den Familiennamen betrifft (BGE 127
III 194 = Pra 2001–884). Eine Beziehung im hier massgebenden Sinne fehlt
dagegen etwa bei einem geschiedenen Mann, dessen Ex-Frau bewilligt wurde,
wieder den Namen zu tragen, den sie während der Ehe getragen hatte (BGE 127 III
194 = Pra 2001, 884) sowie beim Vater eines volljährigen Kindes (BGE 97 I 619,
623 E. 4 b = Pra 61 Nr. 33) und dem Grossvater eines unmündigen Kindes
(BGE 105 IA 281, 284 E. 2 b = Pra 69 Nr. 56). Diesen steht aber
gegebenenfalls die gerichtliche Anfechtung der Namensänderung zu (N 21 ff.).
15
Gegen
letztinstanzliche kantonale, die Namensänderung verweigernde Entscheide – und
nur gegen solche – ist nach Art. 44 lit. a OG die Berufung ans Bundesgericht
zulässig. Die hierfür erforderliche Verletzung von Bundesrecht (Art.
43 Abs. 1 OG) besteht entweder darin, dass Art. 30 Abs. 1 innerhalb der
Namensordnung des ZGB unzutreffend angewendet wurde, oder aber darin, dass –
was zumeist geltend gemacht wird – der kantonale Namensänderungsentscheid Art.
4 verletzt. Letzterenfalls kann nur gerügt werden, der Entscheid sei aufgrund
von Umständen getroffen worden, die mit dem Sinn und Geist des Gesetzes nichts
mehr zu tun haben, oder es seien wichtige Aspekte unbeachtet geblieben (dazu
und zum Folgenden BGE 117 II 8 f. = Pra 1992, 129; BGE 105 II 66, beide
m.w.Nw.). Dies prüft das Bundesgericht in der Regel frei. Es übt dabei
allerdings Zurückhaltung und greift nur ein, wenn die kantonale Instanz von dem
ihr zustehenden Ermessen einen falschen Gebrauch gemacht hat, d.h. wenn sie
grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgegangen
ist, wenn sie Umstände berücksichtigt hat, die keine Rolle hätten spielen
dürfen, oder wenn sie umgekehrt rechtserhebliche Umstände ausser Acht gelassen
hat (BGer 5C.163/2002, E. 2; BGE 124 III 402 mit zahlreichen Hw.). Dem
Bundesgericht ist es sodann nicht möglich, seiner eigenen Praxis
widersprechende kantonale Namensänderungen zu überprüfen, da gegen bewilligende
Entscheide die Berufung nicht gegeben ist (dazu auch Geiser, ZZW 1993, 374).
16
In nicht berufungsfähigen
Administrativsachen betreffend Namensänderungen, vor allem gegen deren
Bewilligung, kann gegebenenfalls eine staatsrechtliche Beschwerde zum
Zuge kommen (BGer 5P.152/2005, E. 1), sei es wegen willkürlicher Anwendung des
Art. 30 Abs. 1 (Bsp.: BGer 5P.295/2000) oder wegen der Verletzung
verfassungsrechtlicher Verfahrensgarantien (Bsp.: 124 III 49, 50 E. 2 b =
Pra 87 Nr. 86).
II. Namensänderungen von Brautleuten
(Abs. 2)
1.
Ausgangspunkte
17
Der Name des Ehemannes ist von Gesetzes wegen der
Familienname der Ehegatten (Art. 160 Abs. 1), doch können sich Brautleute an
dessen Stelle den Frauennamen als gemeinsamen Familiennamen bewilligen lassen
(Art. 30 Abs. 2). Art. 160 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 2 bilden somit ein
Regelungsganzes betreffend die Wirkungen der Ehe, nämlich über deren
namensrechtliche Wirkungen. Daraus ergibt sich die Zugehörigkeit des Art. 30
Abs. 2 zum Eherecht und nicht zum Personenrecht (ZK-Bräm, Art. 160 ZGB N 16). In diesen richtigen
Zusammenhang gerückt, erweist sich die Regelung der Art. 160 Abs. 1 und Art. 30
Abs. 2 ZGB in ihrer Gesamtheit sofort als verfassungswidrig, indem sie
gegen das in Art. 8 Abs. 3 BV verankerte Gebot der Gleichstellung der
Geschlechter verstösst (vgl. u. Art. 160 N 3, und 5).
2. Achtenswerte Gründe für die
Namensänderung
18
Das Gesetz
verlangt für behördliche Namensänderungen nach Art. 30 Abs. 2 «achtenswerte
Gründe». Dabei sind nach einhelliger Lehre (statt aller ZK-Bräm, Art. 160 ZGB N 14; Hegnauer/Breitschmid, N 13.80 f.) alle auch nur entfernt
einfühlbaren, nicht offensichtlich rechts- oder sittenwidrigen oder mutwilligen
(Hausheer/Reusser/Geiser, Art.
160 N 28), d.h. praktisch beliebige Gründe in diesem Sinne achtenswert.
Bei dieser – wenn überhaupt, so als einzige vor Art. 8 EMRK standhaltenden – Gesetzesauslegung
unterscheidet sich die Namensänderung nach Art. 30 Abs. 2 von einem freien
Wahlrecht der Brautleute, entweder den Mannes- oder den Frauennamen zum
gemeinsamen Familiennamen zu machen, nur noch durch die Schikane eines
behördlichen Verfahrens (vgl. auch Art. 160 N 7). Im materiellen Ergebnis
besteht nach Art. 30 Abs. 2 somit ein freies Namenswahlrecht der Brautleute (Art.
160 N 5). Eine wirkliche Gleichstellung von Mann und Frau stellt dies
jedoch nicht dar, weil bei fehlendem Konsens der Brautleute automatisch der
Mannesname Familienname wird.
3. Administratives
Bewilligungsverfahren
19
Gemäss Art. 160 Abs. 1 wird der Mannesname
gegebenenfalls ohne Zutun der Ehegatten, durch deren blosse Eheschliessung zu
ihrem gemeinsamen Namen, d.h. zu Familiennamen von Gesetzes wegen. Demgegenüber haben die Brautleute vor
der Trauung ein gemeinsames Namensänderungsgesuch gemäss Art. 30 Abs. 2
zu stellen, wenn sie den Frauennamen zum Familiennamen wählen. Zuständig für
solche Gesuche ist die Regierung des Wohnsitzkantons der Brautleute bzw. bei
verschiedenen Wohnsitzkantonen, die Regierung am Wohnsitz desjenigen Partners
der Brautleute, der das Verkündgesuch gestellt hat (ZK-Bräm, Art. 160 ZGB N 13). Wird der behördliche
Namensänderungsentscheid noch vor der Eheschliessung gefällt, ist er im
Hinblick auf diese suspensiv bedingt, andernfalls wirkt er auf den
Trauungszeitpunkt zurück (Einzelheiten bei Hegnauer/Breitschmid, N 13.23 f.; Hausheer/Reusser/Geiser,
N 28 ff.).
20
Im Übrigen gelten
die allgemeinen Verfahrensregeln betreffend die behördliche
Namensänderung (o. Art. 30 N 13 ff.) für solche nach Abs. 2 nur sehr eingeschränkt.
So ist das Verfahren wegen des Gebotes der Gleichstellung der Geschlechter
gemäss Art. 8 Abs. 3 BV kostenfrei zu halten. Aus dem gleichen Grunde
kommt Dritten in diesem keine Parteistellung zu (Häfliger, 145 f.; ferner zur
Unanfechtbarkeit von Namensänderungen nach Art. 30 Abs. 2 durch Dritte
N 23). Bei dieser – wenn überhaupt, so als einzige vor Art. 8 EMRK
standhaltenden – Gesetzesauslegung reduziert sich die Namensänderung nach Art.
30 Abs. 2 auf die Schikane eines behördlichen Verfahrens (Hegnauer/Breitschmid, a.a.O.; im gleichen Sinne besonders ausführlich Häfliger, 130 ff.).
IV. Gerichtliche Anfechtung von
Namensänderungen
1.
Ausgangspunkte
21
Wer durch eine
Namensänderung verletzt wird, kann diese gemäss Art. 30 Abs. 3 gerichtlich
anfechten. Eine solche Klage ist auf die Wahrung bestehender Namensrechte im
Sinne des Art. 29 gerichtet (BGE 76 II 341), stellt also einen Anwendungsfall
des Namensschutzes dar, wie ihn Art. 29 allgemein gewährt (BGE 52 II 106;
ferner BGE 81 II 406; Häfliger,
100 f.). Die Klage nach Art. 30 Abs. 3 ist denn auch eine solche gegen
Namensanmassung (vgl. BGE 100 II 289). Sie sprengt aber den Rahmen der
Klageordnung des Art. 29. Während dieser gegen Namensanmassungen Feststellungs-
und Unterlassungs- bzw. Beseitigungsklagen vorsieht (Art. 29
N 64 ff.), zielt die Klage nach Art. 30 Abs. 3 als Anfechtungsklage
darauf ab, einen behördlich verfügten (i.d.R. längst rechtskräftig gewordenen)
Namenserwerb bzw. Erwerb eines subjektiven Namensrechtes rückgängig zu machen
(zu den Namenserwerbtatbeständen gesetzlicher Namen o. Art. 29 N 15). Die
Anfechtungsklage beruht somit auf einem Gestaltungsklagerecht (BGE 118
II 4 = Pra 1993, 347) und ergänzt damit die Anspruchs- und Klageordnung des
Art. 29. Sie schliesst zugleich Namensschutzklagen gegen Namensänderungen als
solche aus (dazu auch Häfliger,
100 f.), welche Klagen aber im Übrigen – bei andersartigen Namensanmassungen
als Namensänderungen – auch gegen geänderte Namen vorbehalten bleiben
(Beispiele N 23 f.).
22
Aufgrund des Art.
30 Abs. 3 sind die Träger des gleichen Namens klageberechtigt und nur solche
(so zutreffend Häfliger, 102 und
104), womit dessen Anwendungsbereich auf Gleichnamigkeitsfälle beschränkt ist
(anders der Namensschutz nach Art. 29; vgl. o Art. 29 N 38). In diesem
Rahmen stehen die Klagen nach Art. 30 Abs. 3 natürlichen wie juristischen
Personen zu (BGE 72 II 147), soweit solche nur eine Verletzung ihrer
Namensrechte geltend machen (u. N 25). Interessierte Dritte, die sich
nicht auf eine Verletzung ihres eigenen Namensrechtes berufen, was bei
kindesrechtlichen Namensänderungskonflikten die Regel ist, scheiden daher als
Anfechtungskläger von vornherein aus (zu deren allfälliger Parteistellung im
administrativen Bewilligungsverfahren der Namensänderung vorne N 14).
23
Entgegen der
allgemeinen Regel des Art. 30 Abs. 3 (N 21) ist nach hier vertretener
Auffassung eine Anfechtung von Namensänderungen nach Art. 30 Abs. 2
ausgeschlossen. Da der Mannesname als Familienname gemäss Art. 160 Abs. 1
von jedermann ohne Anfechtungsmöglichkeit hingenommen werden muss, würde es
gegen das in Art. 8 Abs. 3 BV (bzw. in der EMRK) verankerte Gebot der
Gleichstellung der Geschlechter verstossen, die Anfechtung der nach Art. 30
Abs. 2 aus dem Frauennamen gebildeten Familiennamen zuzulassen. Die h.L. lehnt
ein solches Anfechtungsrecht denn auch ab (ZK-Bräm,
Art. 160 ZGB N 16, Hegnauer/Breitschmid, N 13.26, Häfliger, 181 f., a.M. Hausheer/Reusser/Geiser, N 33; Riemer,
Personenrecht, 119, N 247). Der Klageausschluss besteht aber nur insoweit,
als gestützt auf Art. 30 Abs. 2 Namensanmassungen durch Namensänderung (N 21)
geltend gemacht werden, also Gestaltungsklage erhoben werden will. Für allen
anderweitigen (d.h. über die blosse Namensregistrierung hinausgehenden)
Gebrauch des geänderten Namens durch einen oder beide Ehegatten bleiben die
Feststellungs-, Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche gemäss Art. 29 (sowie
auch aus UWG) vorbehalten.
24
Für die
Anfechtungsklagen gemäss Art. 30 Abs. 3 besteht eine Klagefrist von einem
Jahr. Diese ist eine
Verwirkungsfrist, die zu laufen beginnt, sobald der Anfechtungsberechtigte von
der Namensänderung Kenntnis erlangt hat (Art. 30 Abs. 3) oder durch
gewisse Bemühungen hätte erlangen
können (BGE 118 II 7 f. = Pra 1993, 350 f., bestätigt in der dort nicht
publizierten E. 2.2 des BGE 129 III 369 = BGer 5C.233/2002). Hingegen
unterliegt die Anfechtung von Namensänderungen keiner Verjährung, namentlich
nicht der zehnjährigen Verjährung gemäss Art. 127 OR i.V.m. Art. 7 ZGB (118 II
7 f. = Pra 1993, 350 f.; Bger 5C.233/2002, E. 2.1 = Pra 2003, 1066 f.). Die
Anfechtungsklage steht daher – innerhalb der Verwirkungsfrist – so lange offen
, als die Verletzung andauert, d.h. so lange als der umstrittene Name
zivilstandsrechtlich registriert ist (vgl. auch Art. 29 N 71). Die
Verwirkungsfrist besteht jedoch nur für Klagen gemäss Art. 30 Abs. 3 und nicht
auch für Klagen gegen einen anderweitigen (d.h. über die blosse
Namensregistrierung hinausgehenden) Gebrauch des geänderten Namens. Zwar ist
bei bürgerlichen Namen Namensgleichheit nach Massgabe des Art. 29 weitgehend
hinzunehmen, doch kommen auch bei diesen vor allem im gewerblichen Verkehr nach
Art. 29 unbefugte Namensanmassungen vor (Art. 29 N 59). Solche Klagen sind
– von Rechtsmissbrauchsfällen abgesehen – ohne zeitliche Begrenzung zulässig
(Art. 29 N 71).
2. Namensrechtsverletzung –
Interessenabwägung
25
Art. 30 Abs. 3
setzt eine Verletzung des Namensrechtes des Anfechtungsklägers als
Aktivlegitimation voraus (BGE 81 II 405). Es liegt dabei ein Anwendungsfall des
allgemeinen Namensschutzes vor (N 21), und zwar des Schutzes gegen
Verwechslungen im weiteren Sinne, hier bestehend im unzutreffenden Eindruck, es
liege bei den Beteiligten eine Verwandtschaft (BGE 118 II 10 f. = Pra
1993, 353 m.w.Nw.) oder sonstige besondere Beziehung oder Verbindung vor (BGE
72 II 150 f. - Gemeinde Surava). Indessen bleibt die Anfechtung der Namensänderung
auf Fälle von Gleichnahmigkeit
beschränkt (N 22), womit die Schutzvoraussetzungen des Art. 30 Abs. 3 strenger
sind als jene nach Art. 29 (ferner zum teils noch unklaren Verhältnis dieser
beider Bestimmungen BGE 81 II 406; Häfliger,
101; Lack, 147).
26
Für eine
Gutheissung der Klage nach Art. 30 Abs. 3 müssen schutzwürdige Interessen
des Anfechtenden vorliegen (BGE 118 II 10 = Pra 1993, 352). Schützenswert
ist etwa das Interesse daran, Dritte vom Gebrauch des Namen einer nicht weit
verbreiteten Familie auszuschliessen (BGE 118 II 1 ff. = Pra 1993, 349;
BGE 67 II 191 ff.; 60 II 26 ff.), wobei dafür aber nicht das
allfällige Prestiges eines solchen Namens, sondern dessen Seltenheit
ausschlaggebend ist (BGE 129 III 372 = Pra 2003, 1068 f.; vgl. auch Riemer, Personenrecht, 117 Rdz. 241).
Gestützt auf Art. 30 Abs. 2 vermochte sich auch eine politische Gemeinde
dagegen zu wehren, dass ein Namensträger aufgrund seines neu angenommenen
Namens mit ihr in Verbindung gebracht werden konnte (BGE 72 II 145 ff. -
Surava). Umgekehrt waren die konkreten Interessen eines Ehemannes, dessen
geschiedener Ehefrau die Wiederannahme des früheren Ehenamens bewilligt worden
war, nicht schützenswert (BGE 95 II 503). Ebenfalls – alles immer beurteilt
aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles – mussten auch die Interessen
der ehelichen Familie daran zurückstehen, rückgängig zu machen, dass
ausserehelichen Kindern der eheliche Familienname bewilligt worden war (BGE 81
II 401).
27
Liegen schützenswerte Interessen des Anfechtenden vor (N 26), bleibt in Art. 4 ZGB gemässer Interessenabwägung zu prüfen, ob das
Interesse des Anfechtungsgegners an
der Namensänderung gewichtiger erscheint als die durch diese bewirkte
Beeinträchtigung der Interessen des Anfechtenden (BGE 129 III 369 = Pra 2003,
1064; 118 II 10 = Pra 1993, 352; ferner BGE 95 II 505, 81 II 401, 72 II 150, 60
II 390, 52 II 103). Dabei sind die Interessen
des Anfechtungsgegners an der Aufgabe des alten Namens, die zur
Bewilligung der Namensänderung geführt haben, bei der Interessenabwägung nach
Art. 30 Abs. 3 nicht neu zu überprüfen, dürfen dabei aber mitberücksichtigt
werden (BGE 118 II 10 = Pra 1993, 352; BGE 81 II 405). Das gilt vor allem bei
der Anfechtung ehe- oder kindesrechtlicher Namensänderungen durch Dritte, die
zwar nicht am Bewilligungsverfahren zu beteiligen waren (N 14), aber zur
Anfechtungsklage legitimiert sind (N 22). Ein seit der Namensänderung
allenfalls neu hinzugekommenes Interesse des Anfechtungsgegners daran, die
möglicherweise schon lange andauernde Benutzung des neuen Namens
weiterzuführen, begründet nur unter besonderen Umständen ein überwiegendes
Interesse desselben i.S.v. Art. 30 Abs. 3 (BGE 129 III 373 f. = Pra 2003, 1068
f; mit Nw.; vgl. auch BGer 5C.163/2002; E. 4.3.2).
3. Anfechtungsprozess
28
Die
Anfechtungsklage nach Abs. 3 ist bei den gemäss Art. 12 lit. c des
Gerichtsstandsgesetzes zuständigen kantonalen Gerichten anhängig zu machen.
Gegen das letztinstanzliche kantonale Urteil ist die Berufung an das
Bundesgericht zulässig, da es sich hierbei um eine nichtvermögensrechtliche
Zivilrechtsstreitigkeiten i.S.v. Art. 44
OG handelt (BGE 129 III 371 = Pra 2003, 1066, mit Nw.). Entscheide, mit denen
die Anfechtung einer Namensänderung gutgeheissen wird, sind Gestaltungsurteile
(N 21). Sie wirken, wie die Namensänderung selbst (N 29), nur für den
Betroffenen namensändernd, insoweit aber gegen jedermann. Ferner stehen
gerichtliche Namensänderungsentscheide weiteren Klagen gemäss Art. 29 Abs. 2
oder Art. 30 Abs. 3 nur insoweit entgegen, als ihre sich nach den üblichen
bundesrechtlichen Regeln richtende materielle Rechtskraft reicht.
IV. Wirkung der Namensänderung
29
Die Namensänderung
besteht aus zwei Vorgängen, nämlich dem Ablegen des bisherigen und der Annahme
eines neuen Namens (BGE 108 II 248 = Pra 1983, 147). Die behördliche
Namensänderung bewirkt dabei rechtsgestaltend das Erlöschen des alten Namens
(Geiser, ZZW 1993,
376 f.) und den Erwerb des Namensrechts am neuen. All dies wirkt
grundsätzlich immer nur für die Betroffenen namensändernd, nicht aber für
Personen, die ihren Namen aus demjenigen des Namensändernden ableiten (Geiser, a.a.O.; ferner Häfliger, 89 ff.), insoweit aber
gegen jedermann (Gestaltungswirkung der Namensänderung).
30
Bei nach Art. 30
geänderten Namen sind – wie bei allen anderen Namen auch – gegebenenfalls weitere
gesetzliche Namensänderungen möglich
(vgl. etwa zu den Namensänderungen aus eherechtlich wichtigen Gründen
ZK-Bräm, Art. 160 ZGB
N 27 ff.). Aber auch erneute Namensänderungen nach Art. 30 Abs. 1
sind, wenn hierfür wichtige Gründe vorliegen, nicht ausgeschlossen. Für den Sonderfall
der Namensänderungen nach Art. 30 Abs. 2 ist zu beachten, dass es im Hinblick auf Art. 119 Abs. 2 keinen
Unterschied machen kann, ob ein Familiennamen aufgrund des Art. 160 Abs. 1 oder
des Art. 30 Abs. 2 erworben worden ist. Der Ehemann kann deshalb im Falle der
Eheauflösung durch Scheidung (oder durch Ungültigkeitserklärung) innerhalb der
Frist des Art. 119 auch ohne ein Verfahren nach Art. 30 Abs. 1 und danach mit
einem solchen zu seinem angestammten Namen oder dem Namen zurückkehren, den er
vor der Heirat getragen hat (vgl. ZK-Bräm,
Art. 160 ZGB N 18; dort sowie bei Büchler,
PraxKomm, Art. 119 N 1 und 5, auch zur umstrittenen Frage der namensrechtlichen
Wirkungen der Auflösung der Ehe durch Tod eines Ehegatten).
Art. 160
1 Der Name des Ehemannes ist
der Familienname der Ehegatten.
2 Die Braut kann jedoch
gegenüber dem Zivilstandsbeamten erklären, sie wolle ihren bisherigen
Namen dem Familiennamen voranstellen.
3 Trägt sie bereits einen
solchen Doppelnamen, so kann sie lediglich den ersten Namen
voranstellen.
Literatur
Geiser, Die
Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB unter dem Einfluss des neuen Eherechts,
ZZW 1989, 33 ff.; Meier/Hänni/Mohr,
Familiennamenbuch der Schweiz, 3. Aufl. Zürich 1989; Häfliger, Die Namensänderung nach Art. 30 ZGB, Diss. Zürich
1996; Hausheer, Der Fall
Burghartz oder Vom bisweilen garstigen Geschäft der richterlichen
Rechtsharmonisierung in internationalen Verhältnissen, in: Festgabe für Bernhard
Schnyder zum 65. Geburtstag, Freiburg 1995, 407 ff.; Hegnauer, Sind die Behörden zum
Gebrauch des Doppelnamens gemäss Art. 160 Abs. 2 ZGB verpflichtet?, ZZW 1990,
289 ff.; ders., Zum
amtlichen Gebrauch des Allianznamens, ZZW 1991, 271 ff.; Heussler, Ein Bindestrich macht
Schlagzeilen, ZZW 1988, 199 ff.; ders.,
Namensrechtliche Diskriminierung des Mannes beseitigt, ZZW 1994 65 f.; Rumo-Jungo, Das neue Namensrecht – ein
Diskussionsbeitrag, ZVW 167 ff.; vgl. ferner die Literaturhinweise zu Art.
29, 30 und 270.
Inhaltsübersicht
I. Divergierende
Normzwecke des Art. 160 1
II. Eheliches
Namensrecht und Rechtsgleichheit 3
III. Namenserwerb
im Zuge der Eheschliessung 5
1. Der
Familienname (Art. 160 Abs. 1) 5
2. Eherechtliche
Doppelnamen (Art. 160 Abs. 2 und 3) 8
a) Allgemeines 8
b) Bildung des Doppelnamens 9
c) Vornahme der Namenswahl –
Namenswirkungen 12
IV. Änderung
nach Art. 160 bzw. 30 Abs. 2 erworbener Namen 14
1. Gesetzliche
Namensänderungen 14
2. Behördliche
Namensänderungen 15
V. Allianznamen
(Gewohnheitsrecht) 18
I. Divergierende Normzwecke des Art.
160
1
Art. 160 Abs. 1
verankert im Gesetz die zwingende namensrechtliche Wirkung der Ehe, dass
jede durch Eheschliessung gegründete Familie notwendigerweise einen
Familiennamen hat, d.h. «eine Bezeichnung die alle Mitglieder einer Familie
umfasst» (A. Bucher, Personen,
N 764; Hausheer/Reusser/Geiser, N 22). Mithin gilt nach Abs. 1 der
Grundsatz der Einheit des Namens in der Familie, wie er zudem in Art.
270 bestätigt und auf etwaige gemeinsame Kinder der Ehegatten erstreckt wird.
Sodann bestimmt Art. 160 Abs. 1 den Mannesnamen zum Familiennamen von
Gesetzes wegen, wobei die Brautleute sich gemäss Art. 30 Abs. 2 immerhin
auch den Frauennamen als Familiennamen behördlich bewilligen lassen können
(N 5). Der Familienname – und damit der Name allfälliger gemeinsamer
Kinder – ist somit stets der Name eines und nur eines der beiden Ehegatten.
2
Der Grundsatz
der Namenseinheit in der Familie (N 1) bewirkt zwangsläufig, dass einer
der beiden Ehegatten seinen bisherigen Namen verliert (Hausheer/Reusser/Geiser, N 12). Im Hinblick darauf
bezweckt Abs. 2 die namensrechtliche Gleichstellung von Mann und Frau,
indem er den nicht familiennamengebenden Ehegatten (gemäss Gesetzeswortlaut die
Ehefrau) berechtigt, seinen bisherigen Namen dem Familiennamen voranzustellen
und diesen eherechtlichen Doppelnamen anstelle des Familiennamens zu
führen (N 8 ff.). Damit gibt das Gesetz den Grundsatz der
Namenseinheit in der Familie insofern auf, als es diese Einheit ins Belieben
der Eheleute stellt (gemäss Gesetzeswortlaut in jenes der Braut bzw. Ehefrau).
Aber auch betreffend Gleichstellung der Geschlechter wird in Art. 160 Abs. 2 das
Ziel weit verfehlt. Ein gemäss Abs. 2 entstandener Doppelname ist
keineswegs der bisherige Name der oder des Betroffenen. Er umfasst immer auch
den Namen des anderen Ehepartners und stellt das – nicht selten störend
sperrige – Ergebnis einer durch die Eheschliessung verursachten Namensänderung
dar, mag diese auch weniger einschneidend sein als eine solche gemäss Abs. 1
(vgl. ferner N 8).
II. Eheliches Namensrecht und
Rechtsgleichheit
3
Die
Namenseinheit der Familie, bei der nach Art. 160 Abs. 1 der Name eines der
Ehegatten Familienname wird (N 1), ist mit der Gleichstellung von Mann und
Frau unvereinbar. Dem wollen die Wahlrechte der Frau nach Art. 30 Abs. 2
(Wahl des Frauennamens als Familienname) sowie
Art. 160 Abs. 2 (Wahl eines Doppelnamens durch die Ehefrau) abhelfen.
Das ist jedoch in beide Male misslungen, womit die Familiennamensregelung
des ZGB verfassungswidrig bleibt. So verstösst bereits die Regelung gemäss Art. 160 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 2 ZGB in ihrer Gesamtheit
gegen das in Art. 8 Abs. 3 BV verankerte Gebot der
Gleichstellung der Geschlechter (statt aller BGer 5A./2005, E. 3.3.1 mit Nw.).
Das gilt auch für Art. 160 Abs. 2 (vgl. N 2), wobei dieser gemäss Entscheid
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom 22.2.1994 (VPB
1994, Nr. 121, 768 ff.) auch Art. 8 EMRK i.V.m. Art. 14 EMRK verletzt,
soweit er nur der nicht familiennamengebenden Ehefrau einen Doppelnamen
ermöglicht und nicht auch dem Ehemann, falls der Frauenname Familienname ist
(Art. 30 Abs. 2). Dieser Mangel des Art. 160 Abs. 2 wurde mittlerweile durch
eine Norm minderen Rechts notdürftig überkleistert (Art. 12 Abs. 1 ZStV). Eine Namensrechtsrevision,
die unter Streichung des Art. 30 Abs. 2 und mit der Möglichkeit für beide
Ehegatten ihre bisherigen Namen beizubehalten, zumindest eherechtlich
verfassungskonform gewesen wäre, ist nach fast siebenjähriger parlamentarischer
Beratung in den Schlussabstimmungen beider Räte vom 22. Juni 2001 gescheitert.
Im Juni 2003 hat Nationalrätin Leutenegger Oberholzer nun die neue parlamentarische
Initiative 03.428 eingereicht, und zwar mit dem an erster Stelle erklärten
Neuregelungsziel, bei Eheschliessungen die namensrechtliche Gleichstellung der
Ehegatten zu gewährleisten. Dieser Initiative stimmte der Nationalrat am 7.
Oktober 2004 zu, und sie wird seit Januar 2006 von einer Subkommission dessen
Kommission für Rechtsfragen behandelt.
4
Soweit der
Grundsatz der Namenseinheit der Familie und jener der Gleichstellung der
Geschlechter miteinander kollidieren, geht der (Gleichstellungszweck des Art.
160, der ferner auch dem Art. 30 Abs. 2 zugrunde liegt (Art. 30 N 2), vor.
So gebieten Art. 8 Abs. 2 und 3 BV sowie Art. 8 in Verbindung mit Art. 14 EMRK
in allen diesbezüglichen Einzelfragen soweit möglich eine am Gebot der
Gleichstellung von Mann und Frau ausgerichtete Auslegung des Art. 160 (vgl.
auch BGE 122 III 405; Häfliger,
179; Bsp.: o. Art. 30 N 29). Das ist jedoch nur unvollkommen möglich, zumal es
dem Bundesgericht verwehrt bleibt, vom Gesetzgeber verworfene Namensregelungen
einzuführen (BGer 5A./2005, E. 3.3.1). Offen bleibt dabei auch, wie es mit den
aufgrund der Vorgaben des Art. 160 unausweichlichen Ungleichbehandlungen von
Mann und Frau (BGE 122 III 418) im Hinblick auf die Namen ihrer etwaigen
gemeinsamen Kinder zu halten ist (dazu besonders aufschlussreich Hausheer, 413 f.).
III. Namenserwerb im Zuge der
Eheschliessung
1. Der
Familienname (Art. 160 Abs. 1)
5
Nach Art. 160
Abs. 1 ist der Name des Ehemannes der Familienname der Ehegatten, womit die
Braut ihren bisherigen Namen gleichzeitig durch gesetzliche Namensänderung
verliert. Diesen Grundsatz der Primärgeltung des Mannesnamens mildert
Art. 30 Abs. 2 ab, indem sich die Brautleute den Frauen- anstelle des
Mannesnamens als gemeinsamen Familiennamen bewilligen lassen können. Diesfalls
tritt die Namensänderung zufolge Eheschliessung also beim Manne ein, und zwar
auch internationalen Verhältnissen (BGer 5A./2005, E. 3.2.2). Das Gesetz
verlangt für diese behördliche Namensänderung «achtenswerte Gründe». Indessen
sind praktisch beliebige Gründe in diesem Sinne achtenswert, so dass im
Ergebnis ein freies Familiennamenswahlrecht der Brautleute besteht,
entweder den Mannes- oder den Frauennamen zum gemeinsamen Familiennamen zu
machen (Art. 30 N 18) Die bei alle dem immer noch nur zweitrangige
Bedeutung des Frauennamens verstösst gegen die BV und die EMRK (o. N 3, Art. 30
N 17 und 20).
6
Gemäss Art. 160
Abs. 1 (oder Art. 30 Abs. 2) kommt nur ein Familienname als gemeinsamer
Familienname der Ehegatten in Betracht. Massgebend hierfür sind die
Verhältnisse im Zeitpunkt der Eheschliessung, wobei unerheblich bleibt, ob der
namengebende Ehegatte seinen Familiennamen durch Abstammung, Heirat oder
Namensänderung erworben hat. Dagegen sind eherechtliche Doppelnamen keine
Familiennamen (N 8) und können dies daher auch nicht gemäss Art. 160
werden. Vielmehr hat, falls der namensgebende Ehegatte einen Doppelnamen trägt,
der gemeinsame Familienname einzig aus dem vorangestellten früheren
Familiennamen zu bestehen (ZK-Bräm,
N 11; Hegnauer/Breitschmid, N 13.47).
7
Der Mannesname
wird gemäss Art. 160 Abs. 1 ohne Zutun der Ehegatten, durch deren blosse
Eheschliessung zu ihrem gemeinsamen Namen, also zum Familiennamen von Gesetzes
wegen. Wählen die Brautleute dagegen den Frauennamen zum
Familiennamen, haben sie ein gemeinsames Namensänderungsgesuch gemäss Art. 30
Abs. 2 zu stellen, und zwar vor der Trauung (vgl. aber immerhin u. N 16).
Ein solches Gesuch zielt auf eine Änderung des Mannesnamens ab und führt
auf diese Weise zu einem Familiennamen durch behördliche Namensänderung.
Wird der behördliche Namensänderungsentscheid noch vor der Eheschliessung
gefällt, ist er im Hinblick auf diese suspensiv bedingt, anderenfalls wirkt er
auf den Trauungszeitpunkt zurück (Einzelheiten bei Hausheer/Reusser/Geiser, N 28 ff.). Die
allgemeinen Verfahrensregeln betreffend die behördliche Namensänderung gelten
in den Fällen nach Art. 30 Abs. 2 nur sehr eingeschränkt (Art. 30 N 20),
was diese Namensänderung zur reinen Formalität werden lässt. Trotzdem und
gerade deswegen bleibt das Verfahren nach Art. 30 Abs. 2 mit der BV und der
EMRK ebenso unvereinbar wie die in Art. 160 nur zweitrangige Bedeutung des
Frauennamens überhaupt (N 5).
2. Eherechtliche Doppelnamen (Art.
160 Abs. 2 und 3)
a) Allgemeines
8
Nach Art. 160
Abs. 2 ZGB und Art. 12 Abs. 1 ZStV kann derjenige Ehegatte, dessen Name nicht
Familienname geworden ist (N 5–7), seinen bisherigen Namen dem
Familiennamen voranstellen und so einen Doppelnamen führen. Dies bewirkt im
Sinne einer gesetzlichen Preisgabe der Namenseinheit in der Familie aus
Gleichstellungsgründen, dass ein Ehegatte einen anderen Namen führt als
der Rest der Familie, bestehend aus dem anderen Ehegatten und allfälligen gemeinsamen
Kindern (zum diesbez. Normzweck N 2 f.). Die damit innerhalb ein und
derselben Familie koexistierenden unterschiedlichen Namen sind indessen nicht
gleichwertig. Vor allem ist der Doppelname – wie sich aus Art. 160 Abs.
2 sowie aus Art. 270 Abs. 2 ergibt – kein Familienname, und er
kann daher nicht weitergegeben werden (Art. 160 Abs. 1, 270 Abs. 2; BGE 119 II
312 = Pra 1994, 387; ZK-Bräm,
N 35), überdauert somit seinen Träger nicht. Darin unterscheidet er sich
klar von den (bindestrichlosen) sog. «natürlichen» Doppelnamen, wie etwa
Blum Gentilomo, Mutti Cicella, Sulger Büel, Sulzer von Wart (alle zitiert aus Meier/Hänni/Mohr), die eine gewisse Erhabenheit des
historisch Gewachsenen ausstrahlen, echte Familiennamen sind und von einer auf
die nächste Generation übergehen.
b) Bildung des Doppelnamens
9
Der
eherechtliche Doppelname wird durch Voranstellung des bisherigen Namens des
betreffenden Ehegatten vor den Familiennamen (N 5–7) gebildet. Dieser
bisherige Name ist der unmittelbar vor dem Trauungszeitpunkt geführte (und
nicht etwa ein früherer), wobei aber unerheblich bleibt, ob er durch
Abstammung, Heirat oder Namensänderung erworben worden ist (ZK-Bräm, N 33). Es muss aber ein
Familienname sein. Trägt der einen Doppelnamen wählende Ehegatte bereits einen
eherechtlichen Doppelnamen (zum natürlichen Doppelnamen N 8), so kann er
gemäss Art. 160 Abs. 3 nur seinen ersten Namen (seinen früheren Familiennamen)
dem neuen Familiennamen voranstellen. Ferner kann nur dann überhaupt ein
Doppelname gewählt werden, wenn sich der bisherige Name des
betreffenden Ehegatten vom Familiennamen des anderen unterscheidet (Hausheer/Reusser/Geiser,
N 20). Als Doppelname unzulässig wäre daher etwa «Meier Meier», nicht
aber «Meier Meyer».
10
Anders als bei den
vergleichbaren Regelungen des deutschen und des österreichischen Rechts ist
beim Doppelnamen nach Art. 160 kein Bindestrich zu setzen. Diese
seinerzeit umkämpfte Regelung (vgl. Heussler,
ZZW 1988, 199 ff.) hebt den Doppelnamen zwar vom Allianznamen
(N 18 ff.) ab, verursacht aber oft verwirrende Namen (Frau Peter
Meier). Ferner begünstig die häufige Unhandlichkeit der Doppelnamen
das weit verbreitete, durchaus verständliche, aber den gesetzgeberischen
Absichten (BGE 116 II 80) zuwiderlaufende alleinige Führen bzw. Nennen nur des
früheren Frauen- bzw. Familiennamens (vgl. etwa die parlamentarische Initiative
03.428 der Nationalrätin Leutenegger Oberholzer, die bei Büchler, PraxKomm.,
Art. 119 ZGB, N 16, kurzerhand "Leutenegger" genannt wird).
11
Insgesamt gehen
mit dem Doppelnamen vielfältige Möglichkeiten der Namensgestaltung in
der Ehe einher (dazu auch Heussler,
ZZW 1994, 65 f.), wie es z.B. die im Burghartz-Entscheid des EGMR
(N 3) beurteilten Namen illustrieren. Der dortige Beschwerdeführer hat
folgende Namenswahlfreiheit erstritten (Familienname jeweils kursiv):
(1) Art. 160 Abs. 1: Albert Johann Schnyder – Susanne Maria Simone Schnyder;
(2) Art. 30 Abs. 2: Albert Johann Burghartz – Susanne Maria Simone Burghartz;
(3) Art. 160 Abs. 2: Albert Johann Schnyder – Susanne Maria Simone
Burghartz Schnyder: (4) Art. 30 Abs. 2/Art. 177 a ZStV: Albert Johann
Schnyder Burghartz – Susanne Maria Simone Burghartz.
c) Vornahme der Namenswahl –
Namenswirkungen
12
Die Wahl des
eherechtlichen Doppelnamens erfolgt durch blosse – vor der Trauung abzugebende
– Erklärung gegenüber dem Zivilstandsbeamten (ZStV 12 Abs. 2; weitere
Einzelheiten zum Verfahren bei Hausheer/Reusser/Geiser, N 13 ff.; Schüpach,
SPR II/3, 141 f.). Diese Namenswahl ist an keinerlei Voraussetzungen
gebunden und von den Zivilstandsämtern somit ohne weiteres entgegenzunehmen.
Die einmal rechtsgültig erklärte Wahl kann nur auf dem Wege der behördlichen
Namensänderung wieder rückgängig gemacht werden (N 15 ff.).
13
Der dem
Zivilstandsamt gegenüber erklärte Doppelname ist, wenn auch kein vollwertiger
(N 8), so doch ein amtlicher Name (ZK-Bräm, N 35; Hegnauer/Breitschmid, N 13.17). Er ist als
solcher für seinen Träger in behördliche Register und Ausweise einzutragen.
Behörden wie Private haben den Namensträger mit seinem vollen Doppelnamen zu
bezeichnen. Tun sie dies nicht, stehen diesem hiergegen die Rechtsbehelfe des
Verwaltungsrechtes sowie hinsichtlich privater Verletzer, wenn eine eigentliche
Namensbestreitung vorliegt, die Namensschutzklage gemäss Art. 29 zu (Hegnauer, ZZW 1990, 289 ff.; offen
gelassen in BGE 120 III 62 f.). Andererseits besteht aber für die
Doppelnamen, weil sie amtliche Namen sind, auch die Namensführungspflicht
seiner Inhaberin bzw. seines Inhabers gemäss Art. 30 (vgl. Art. 30 N 1).
IV. Änderung nach Art. 160 bzw. 30
Abs. 2 erworbener Namen
1.
Gesetzliche Namensänderungen
14
Der gesetzliche
Name natürlicher Personen ist unabänderlich (Art. 30 N 1), wobei aber die
besonderen gesetzlichen und die behördlich zu bewilligenden
Namensänderungsgründe vorbehalten bleiben. Was vorliegend zunächst die gesetzlichen
Namensänderungen betrifft, so hat die Auflösung der Ehe auch für denjenigen
Ehegatten, für den die Eheschliessung zu einer Namensänderung geführt hat,
keine namensrechtlichen Wirkungen. Er behält seinen Namen (Familiennamen oder
Doppelnamen) bei, kann aber gegenüber dem Zivilstandsamt erklären, seinen
angestammten bzw. seinen vor der Heirat getragenen Namen wieder führen zu
wollen (Einzelheiten o. Komm. zu Art. 119; für die namensrechtlichen Verhältnisse
bei einer Auflösung der Ehe durch deren Ungültigkeitserklärung oder durch Tod
des einen Ehegatten, Büchler,
PraxKomm., Art. 119 N 1, ZK-Bräm,
N 43 ff.).
2. Behördliche Namensänderungen
15
Art. 30 Abs. 1
erlaubt die behördliche Namensänderung wegen Nachteiligkeit des
bisherigen Namens als solchem, etwa weil dessen Lächerlich-, Hässlich-
oder Anstössigkeit einen wichtigen Grund hierfür ergibt (Art. 30
N 4). Diese traditionellen Namensänderungen können auch bei
eherechtlich erworbenen Namen zum Zuge kommen (ZK-Bräm, N 23). Für sie ergeben sich vorliegend wenig
Besonderheiten (vgl. aber N 17). Hervorzuheben sind hier jedoch die
ebenfalls auf Art. 30 Abs. 1 gestützten Namensänderungen, die nichts mit der
Eigenart des bisherigen Namens (als solchem) zu tun haben, sondern auf die
Korrektur bzw. Vervollständigung der gesetzlichen Namensordnung im Einzelfall
abzielen (Art. 30 N 8). Auch diese gesetzeskorrigierenden
Namensänderungen setzen einen wichtigen Grund gemäss Art. 30 Abs. 1 voraus.
In die Beurteilung dieses Grundes wird hier aber die Eigenart der zu
korrigierenden Namensrechtsnorm als einer der massgebenden Gesamtumstände
miteinbezogen. Insofern ist der Grundsatz, dass die Namensänderung des Art. 30
Abs. 1 nicht zur Umgehung der zwingenden Namenrechtsordnung des ZGB
benützt werden darf (Bsp.: BGE BGE 127 III 195 = Pra 2001, 886; BGE 108 II
164), zu präzisieren (kritisch hierzu Hausheer,
408). Für das Namensänderungsverfahren gelten die allgemeinen Regeln
(Art. 30 N 13 ff.; betreffend die Zuständigkeitsfragen bei
auseinander fallendem Wohnsitz der Ehegatten Geiser,
ZZW 1989, 38 f.).
16
Im Rahmen der Art.
160 und 30 Abs. 2 wird als gesetzeskorrigierende Namensänderung gemäss Art. 30
Abs. 1 der an sich unzulässige Wechsel der Familiennamensvariante während
der Ehe im konkreten Einzelfall bewilligt. So hat BGE 115 II 193 ff.
namentlich einen Wechsel vom Familiennamen gemäss Art. 160 Abs. 1 (Mannesname)
zu jenem gemäss Art. 30 Abs. 2 (Frauenname) gestützt auf Art. 30 Abs. 1
zugelassen, obschon der Frauenname nach Art. 30 Abs. 2 nur vor der Trauung zum
Familiennamen gemacht werden kann (N 6). Hierbei wurde die Verwirklichung
der Einheit des Familiennamens auch in grenzüberschreitenden Fällen
zusammen mit den übrigen Umständen des konkreten Falles als wichtiger Grund
gewertet, wie ihn die Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 voraussetzt (vgl. auch
A. Bucher, Personen, N 807).
Gemäss Lehre kommen ganz allgemein Variantenwechsel der eherechtlichen
Namensverhältnisse während der Ehe in Frage (Hegnauer/Breitschmid, N 13.30–13.35; vgl.
auch Häflifger, 198 ff.,
213 ff.). Das gilt zunächst für die Umkehrung des in BGE 115 II
193 ff. zugelassenen Wechsel des Familiennamens, d.h. für den Übergang vom
Frauen- zum Mannesname als Familiennamen (womit die vor der Trauung gemäss
Art. 30 Abs. 1 getroffene Namenswahl rückgängig gemacht wird). Gemäss BGE 115
II 198 soll dies allerdings nur für Namensänderungsgesuche gelten, die bis zum
Dezember 1998 gestellt worden sind. Ob das Bundesgericht an diesem obiter
dictum festhalten wird, ist angesichts der fundierten Kritik hieran (ZK-Bräm, N 22 m.w.Hw.) sehr zu
bezweifeln. Hingegen kommen hier wegen der ratio legis des Art. 32 Abs. 2 nur
solche Gründe in Betracht, die erst nach der Heirat eingetreten sind und mit
denen vorher nicht zu rechnen war (ZK-Bräm,
N 21).
17
Eine nachträgliche
Annahme oder Aufgabe eherechtlicher Doppelnamen ist zulässig, wenn hierfür
wichtige Gründe gemäss Art. 30 Abs. 1 gegeben sind. Nach zutreffender Praxis
(AGVE 1997, 526) ist aber etwa die Einheit des Familiennamens kein derartiger
Grund, weil diese durch den (notwendigerweise auch den Familiennamen
enthaltenden) Doppelnamen bereits gegeben ist. Sodann können wichtige Gründe
hier nur solche sein, die erst nach der Heirat eingetreten sind und mit denen
vorher nicht zu rechnen war (ZK-Bräm,
N 24; Häflifger, 200
m.w.Hw.). Betrifft die Namensänderung den gemeinsamen Namen der Ehegatten
(also den zweiten Teil des eherechtlichen Doppelnamens), bedarf es eines
gemeinsamen Namensänderungsgesuchs beider Ehegatten. In den übrigen Fällen,
d.h. bei einer Abänderung des Doppelnamens, die nicht den darin enthaltenen
Familiennamen betrifft, ist der jeweils andere Ehegatte anzuhören (Hegnauer/Breitschmid, N 13.36; ferner Art. 30 N 14).
V. Allianznamen (Gewohnheitsrecht)
18
Das
Gewohnheitsrecht lässt es seit langem zu, dass dem Familiennamen des Mannes
derjenige der Frau hinzugefügt, d.h. ein Allianzname der Frau gebildet
wird (BGE 108 II 163; ferner 120 III 62). Den so entstandenen Doppelnamen (z.B.
bei Roland Bühler verheiratet mit Franziska geborene Martin: Bühler-Martin)
darf nicht nur die Frau selber, sondern auch der Mann führen (BGE 110 II 99 =
Pra 1984, 684). Die seitherige Eherechtsrevision des Jahres 1988, namentlich
die Einführung der Doppelnamen gemäss Art. 160 Abs. 2, hat diese Möglichkeit
nicht etwa eingeschränkt. Gegenteils ist nun auch ein Allianzname des Mannes
möglich und zulässig, nämlich wenn der Frauenname gemäss Art. 30 Abs. 2
Familienname geworden ist (Hegnauer,
ZZW 1991, 272). Diesfalls folgt dem Namen der Frau jener des Mannes (z.B.
Martin-Bühler).
19 Bei der Bildung des
Allianznamens sind seit jeher die beiden Namen der Ehegatten durch einen Bindestrich
verbunden worden. Dies hat nun als zwingend vorgeschrieben zu gelten, weil
nur so Verwechslungen mit den bindestrichlosen Doppelnamen gemäss Art. 160 Abs.
2 vermieden werden (dazu und zum Folgenden Hegnauer,
ZZW 1991, 271 ff.). Darüber hinaus bestimmt zufolge fehlender gesetzlicher
Regelung allein die Übung die (zulässigen) Allianznamen (BGE 120 III 62).
Anerkannt ist dabei, dass jedenfalls stets der unmittelbar vor der
Eheschliessung vom nicht familiennamensgebenden Ehegatten getragene Name dem
Familiennamen angehängt werden darf. Nicht gefestigt ist dagegen, welche
weiteren seiner allenfalls mehreren bisherigen Namen ein geschiedener bzw.
verwitweter (erneut verheirateter) Ehegatte dem Familiennamen hinzufügen darf
(vgl. A. Bucher, Personen,
N 768; Hegnauer, ZZW 1991,
272; Hausheer/Reusser/Geiser, N 13 ff.).
20 Der Allianzname ist nicht nur
kein Familienname (BGE 110 II 99 = Pra 1984, 684), sondern v.a. auch kein
amtlicher Name (BGE 120 III 61 f. = Pra 84, 764 f.). Gleichwohl
besteht grundsätzlich ein Recht der Ehegatten darauf, dass ihr Allianzname auf
Verlangen von den Behörden verwendet wird, so namentlich in Ausweisen aller
Art einschliesslich des Passes (eidg. Ausweisverordnung [VaWG, SR 143.11]
Art. 14 Abs. 1; Hausheer/Reusser/Geiser, N 4; Hegnauer,
ZZW 1991, 274; a.M. zumindest für das Betreibungsverfahren BGE 120 III
62 = Pra 84, 766). Sodann wird der Allianzname von den Handelsregisterbehörden
auch bei der Firmenbildung (Art. 944 ff. OR) als Personennamen anerkannt,
soweit es hierbei auf solche Namen ankommt (BGE 116 II 78). Für die Änderung
von Allianznamen ist sodann Art. 30 Abs. 1 entsprechend anwendbar (BGE 110 II
97 = Pra 1984, 684, ZGGVP 1995, 146; ZK-Bräm,
N 25).
Art. 270
1 Sind die Eltern miteinander
verheiratet, so erhält das Kind ihren Familiennamen.
2 Sind sie nicht miteinander
verheiratet, so erhält das Kind den Namen der Mutter, oder, wenn
diese infolge früherer Eheschliessung einen Doppelnamen führt, den ersten Namen.
Literatur
Breitschmid, Zulässigkeit
«Schulischer Namensänderungen»? – Grenzen vorsorglicher Massnahmen bei
Namensänderungen, ZZW 1996, 41 ff.; Conrad,
Meier und Bühler als Vornamen in den Familienregistern, ZZW 1993, 119; ders., Soldat, Himmelschinese und
Rucksack als Vornamen, ZZW 1993, 395 ff.; Häfliger, Die Namensänderung nach Art. 30 ZGB, Diss. Zürich
1996; Hegnauer, Begrenzung der
gesetzlichen Namensänderung für Kinder, ZZW 1990, 165 ff.; Kohlheim/Kohlheim, Duden,
Familiennamen, Mannheim 2000; Pintens,
Der Kindesname in rechtsvergleichender Sicht, ZZW 1992, 133; Sturm, Zur Wahl des Vornamens – Die
elterliche Phantasie und ihre Grenzen, ZZW 1987, 201 ff. (deutsche
Fassung) und 294 ff. (französische Fassung mit Anmerkungsapparat); Rüfenacht, Praxis des Bundesgerichtes
zur Namensänderung beim Scheidungskind, recht 2005, 62 ff.; Werlen, Das schweizerische
Vornamensrecht, Diss. Basel 1981; vgl. ferner die Literaturangaben zu Art. 30
und 160.
Inhaltsübersicht
I. Der
Familienname 1
1. Gesetzlicher
Name – Persönlichkeitsgut 1
2. Abgrenzung
gegen andere gesetzliche Namen natürlicher Personen 4
II. Erwerb
des angestammten Familiennamens 7
1. Namenserwerb
durch Abstammung 7
a) Erwerbstatbestände 7
b) Kausalität des abstammungsmässigen
Namenserwerbs 9
2. Namenserwerb
bei unbekannter Abstammung 10
III. Gesetzliche
Änderungen des angestammten Familiennamens 11
1. Heirat
als gesetzlicher Namensänderungsgrund 11
2. Änderung
des Geburtsnamens wegen Änderung des Kindesverhältnisses 12
IV. Behördliche
Änderung des angestammten Familiennamens (Art. 30) 15
1. Allgemeines 15
a) Traditionelle Namensänderung im
Bereich des Art. 270 15
b) Korrekturen des Namenserwerbs nach
Art. 270 16
c) Familiennamensänderung bei
Namensgebern nach Art. 270 19
2. Namensänderungen
bei Scheidungs- und Waisenkindern 20
a) Namenswechsel der obhutsberechtigten
Mutter nach Art. 119 Abs. 1 ZGB 20
b) Wiederverheiratung oder Konkubinat
der obhutsberechtigten Mutter 22
3. Namensänderungen
bei ausserehelichen Kindern 25
a) Heirat der Mutter 25
b Besondere Beziehungen zum leiblichen Vater 26
c) Kinder aus Konkubinatsverhältnissen 28
4. Namensänderungen
zwecks Beibehaltung des bisherigen Namens 31
5. Verfahren
der behördlichen Namensänderung – Anfechtungsklage 33
V. Der
Vorname 36
1. Allgemeines 36
2. Freiheit
der Vornamenswahl 38
3. Unveränderlichkeit
des oder der Vornamen 41
I. Der Familienname
1.
Gesetzlicher Name – Persönlichkeitsgut
1
Der zwingende
Art. 270 verankert den seit langem überlieferten und in den meisten
Rechtssystemen geltenden Grundsatz im ZGB, dass natürliche Personen ihren Namen
(bei der Geburt) durch Abstammung erhalten: den Familiennamen (zur
Namensrechtsgeschichte Häfliger,
3 ff.; ferner Kohlheim/Kohlheim,
13 ff., Pintens,
135 ff.). Dieser bildet zusammen mit dem oder den Vornamen
(N 36 ff.) den gesetzlichen bzw. amtlichen Namen der durch ihn
gekennzeichneten Person (vgl. z.B. BGE 120 III 61). Der Name wird nicht
nur bei der Geburt nach Art. 270 derivativ von den Eltern bzw. der Mutter
erworben, sondern auch nach dieser Bestimmung an die Nachkommen weitergegeben.
Zahlreiche Familiennamen lassen sich über viele, viele Generationen
zurückverfolgen: Ihre Anfänge verlieren sich oft erst in weit
entfernten Jahrhunderten.
2
Als sprachliches
Kennzeichen seines Trägers hat der Familienname – wie alle anderen Namen auch –
Kennzeichnungs- und Unterscheidungsfunktion. So erfüllt der Name v.a.
die wichtige Aufgabe, seinen Träger in die umfassende Gemeinschaft einzuordnen
(BGE 108 II 162), wozu bei den Familiennamen nicht zuletzt die Kennzeichnung
der Familienzugehörigkeit gehört (BGE 126 III 2, 119 II 308, 108 II 162).
Gleichzeitig hat der Name den Namensträger auch in seinen sämtlichen
Tätigkeits- und Wirkungsbereichen von allen anderen unterscheidbar zu machen
(weitere Einzelheiten zu den Namensfunktionen vgl. Art. 29 N 2).
3
Der Familienname
stellt Bestandteil der Persönlichkeit seines Trägers dar, so dass an ihm
ein Persönlichkeitsrecht besteht (Art. 29 N 1, 18). Dieses Recht am
eigenen Namen gehört bei Familiennamen zudem zu den Menschenrechten (BK-Hegnauer, N 4) und ist nach Art. 8
EMRK besonders geschützt (Villiger,
356; vgl. ferner Art. 7 UKRK). Der Familienname ist sodann als gesetzlicher
Name (N 1) der natürlichen Personen von den vielfältigen anderen
Kennzeichen zu unterscheiden, deren sich diese – unter Vorbehalt ihrer
Namensführungspflicht (Art. 30 N 1) – namensmässig bedienen dürfen. Solche
Kennzeichen sind zwar keine gesetzliche Namen, aber ebenfalls namensrechtlich
geschützte Persönlichkeitsgüter (Art. 29 N 4 und 7 ff.). Hierzu
gehören vor allem die Pseudonyme, an denen durch entsprechenden
Zeichengebrauch Namensrechte erworben werden können (Art. 29 N 7, 16). Den
Pseudonymen gleichgestellt sind die (seltenen, in Art. 83 Abs. 1 Ziff. 3 ZStV
beiläufig erwähnten) Beinamen etwa vom Typ «A. von X» wie z.B. «Bigot de
Morogues» (Direktion des Inneren, ZGGVP 1989–190, A. Bucher,
Personen 767). Diese werden durch einen für den Rechtserwerb nach Art. 29
ZGB hinreichenden Zeichengebrauch zu Persönlichkeitsgütern, stellen bisweilen
aber auch – etwa durch eine Namensänderung gemäss Art. 30 Abs. 1 ZGB erworbene
– Bestandteile von Familiennamen dar (BGE 118 II 4 = Pra 82, 348 – »Bigot de
Morogues»; Häfliger, 36 f.).
2. Abgrenzung gegen andere
gesetzliche Namen natürlicher Personen
4
Die nach Art.
270 erworbenen – und allenfalls nach Art. 30 Abs. 1 abgeänderten – Namen
heissen von Gesetzes wegen Familiennamen. Das Gesetz nennt sie zutreffend auch angestammte
Namen (Art. 119), werden sie doch durch Abstammung bzw. aufgrund eines
Kindesverhältnisses erworben (N 7 ff.). Die Namen gemäss Art. 270
sind von den ausserhalb Art. 270 erworbenen Familiennamen zu
unterscheiden, so von den im Zuge der Eheschliessung (Art. 160
N 5 ff.) oder durch Adoption (Art. 267) erlangten
Familiennamen. Nach Massgabe des Art. 40 IPRG können sodann ausländische
Familiennamen in das Zivilstandsregister eingetragen und sind alsdann
schweizerische gesetzliche Namen ihrer Träger. Bezogen auf ihren
Erwerbszeitpunkt mag man Familiennamen gegebenenfalls als Geburtsnamen bezeichnen,
was jedoch innerhalb des ZGB keine gesetzesterminologische, sondern nur
klassifikatorische Bedeutung hat (vgl. demgegenüber aber z.B. VO vom 1. 12.
1999 über das automatisierte Strafregister, Art. 16).
5
Innerhalb einer
bestimmten Familie wird der Namensträger durch einen oder mehrere Vornamen individualisiert
(BGE 108 II 162). Zusammen mit dem oder den Vornamen (N 36 ff.)
bildet der Familienname den gesetzlichen bzw. amtlichen Namen der natürlichen
Person, stellen Vornamen also ihrerseits gesetzliche Namen dar. Es gilt somit
auch im ZGB das Prinzip der Zweinamigkeit, wie sie schon vor Jahrhunderten
die Einnamigkeit abgelöst hat.
6
Nicht jede
Person führt einen Familiennamen. Vielmehr können verheiratete Personen einen eherechtlichen
Doppelnamen als gesetzlichen Namen wählen (Art. 160 N 8 ff.; zu
den hiervon zu unterscheidenden Allianznamen Art. 160 N 18 ff.).
Eherechtliche Doppelnamen bestehen zwar aus Familiennamen, sind selber aber
keine solchen und können namentlich auch nicht weitergegeben werden (Art. 160
N 8). Überblickt man die jahrhundertealte und ungebrochene Familiennamenstradition
(N 1) erscheint das hierzulande im Jahre 1988 eingeführte Institut der
eherechtlichen Doppelnamen eher als namensrechtliche Arabeske, die wohl über
kurz oder lang wieder abgeschafft werden wird (vgl. auch Art. N 10).
II. Erwerb des angestammten Familiennamens
1.
Namenserwerb durch Abstammung
a) Erwerbstatbestände
7
Nach Abs. 1 des
Art. 270 erhält das Kind den Familiennamen der Eltern, wenn diese
miteinander verheiratet sind. Diese Regelung hält vor der EMRK stand und
erlaubt es nicht, dem Kind den Namen desjenigen Elternteils zu geben, dessen
Name nicht Familienname geworden ist (BGE 122 III 414). Art. 270 Abs. 1 ist
auch massgebend, wenn die Ehe der Eltern im Zeitpunkt der Geburt des Kindes
nicht mehr besteht, für dieses aber die Vaterschaftsvermutung des Art. 255 gilt
(Hegnauer, Kindesrecht,
N 16.03). Der nach Abs. 1 massgebende Familienname ist jener der
eherechtlichen Namensverhältnisse der Eltern, d.h. in aller Regel der Name
des Vaters (Art. 160 Abs 1), selten derjenige der Mutter (Art. 30 Abs. 2).
Ein allfälliger anstelle des Familiennamens geführter eherechtlicher Doppelname
des Vaters oder der Mutter (Art. 160 N 8 ff.) ist dagegen für den
Namenserwerb der Kinder gemäss Abs. 1 bedeutungslos (vgl. dazu auch Abs. 2;
ferner zu den natürlichen Doppelnamen, die echte Familiennamen sind, Art. 160
N 8).
8
Sind die Eltern
bei der Geburt ihres Kindes nicht miteinander verheiratet (und besteht auch
keine Vaterschaftsvermutung nach Art. 255), erhält dieses nach Art. 270 Abs. 2
den Familiennamen der Mutter. Massgebend ist deren Name im Zeitpunkt der
Geburt des Kindes, wobei unerheblich bleibt, ob sie diesen ihrerseits durch
Abstammung, Heirat oder Namensänderung erworben hat (Hegnauer, Kindesrecht, N 16.06). Führt sie jedoch
infolge einer früheren Eheschliessung einen eherechtlichen Doppelnamen (Art.
160 Abs. 2), so wird nur dessen erster Teil (ihr früherer Familienname) auch
Name des Kindes.
b) Kausalität des
abstammungsmässigen Namenserwerbs
9
Art. 270 ist die
erste Bestimmung des ZGB bzw. dessen achten Titels über die Wirkungen des
Kindesverhältnisses. Als Teil dieser Wirkungen ist der Namenserwerb nach
Art. 270 demnach durch das Verhältnis des Kindes zu seinen miteinander
verheirateten Eltern bzw. zu seiner ledigen Mutter bedingt und in diesem Sinne
kausal (BK-Hegnauer, N 17).
Als Folge dieser Kausalität fällt der durch Geburt erfolgte Namenserwerb dahin,
wenn das diesem zugrunde liegende Kindesverhältnis sich später als nicht
gegeben erweist oder sich nachträglich ändert (N 12 f.; ferner zum
Sonderfall des Findelkindes N 10).
2. Namenserwerb bei unbekannter
Abstammung
10
Wird ein Kind
unbekannter Abstammung – ein Findelkind – gefunden, hat ihm gemäss Art.
38 Abs. 2 ZStV die nach kantonalem Recht zuständige Behörde einen Familiennamen
samt Vornamen zu geben. Lassen sich die Mutter bzw. gar miteinander verheiratete
Eltern des Findelkindes später feststellen (Art. 38 Abs. 3 ZStV), erhält dieses
einen Familiennamen gemäss Art. 270 Abs. 1 und 2 (Hausheer/Aebi-Müller, 253, N 16.13; Hegnauer, Kindesrecht, N 16.11) sowie einen oder mehrere
Vornamen (A. Bucher, Personen,
N 787).
III. Gesetzliche Änderungen des
angestammten Familiennamens
1. Heirat
als gesetzlicher Namensänderungsgrund
11
Der gesetzliche
Name natürlicher Personen ist unabänderlich (Art. 30 N 1), wobei aber die
besonderen gesetzlichen und die behördlich zu bewilligenden Namensänderungen
(N 14 ff.) vorbehalten bleiben. Als gesetzliche Namensänderung ist
hier die zufolge Heirat zu nennen (Art. 160 Abs. 1; vgl. aber Art. 30 Abs. 2
ZGB). Ihr sind in der schweizerischen Lebenswirklichkeit v.a. die Frauen
ausgesetzt, sofern sie heiraten und deshalb den Mannesnamen anstelle ihres
bisherigen Namens erhalten (Art. 160 N 4 ff.). Anders als bei den
Männern ist der Geburtsname der Frauen tendenziell nur ein
vorläufiger, was sich auch mit dem revidierten Eherecht nicht grundsätzlich
geändert hat. Eine Revision des Namensrechtes, wonach die Ehepartner ihre
bisherigen Namen hätten beibehalten können, ist im Jahre 2001 gescheitert (Art.
160 N 3).
2. Änderungen des Geburtsnamens
wegen Änderung des Kindesverhältnisses
12
Wird ein Kind
adoptiert, so erhält es gemäss Art. 267 Abs. 1 durch die Adoption die
Rechtsstellung eines Kindes der Adoptierenden und damit auch deren
Familiennnamen (Einzelheiten – insb. auch zu den namensrechtlichen Wirkungen
der Einzeladoption – bei BK-Hegnauer,
Art. 267 N 34 ff.). Soll das Kind demgegenüber seinen Namen
beibehalten, ist hierzu eine Namensänderung gemäss Art. 30 Abs. 1 erforderlich
(N 31).
13
Im Bereich des
Art. 270 ergeben sich als Folge der Kausalität des geburtlichen
Namenserwerbs (N 9) gesetzliche Namensänderungen (vgl. zum Folgenden
auch Häfliger, 233 ff.). Ein
solcher Fall von Änderungen des Geburtsnamens wegen Änderung des
Kindesverhältnisses folgt zunächst aus Art. 259 Abs. 1. Ist die
Vaterschaft eines bei seiner Geburt nichtehelichen Kindes festgestellt und
verheiraten sich dessen Eltern später, ändert sich sein nach Art. 270 Abs. 2
erworbener Name in einen solchen gemäss Art. 270 Abs. 1 (und es verliert ihn im
Falle einer Vaterschaftsanfechtung wieder; Art. 259 Abs. 2 und 3). Zu einem
Wegfall des Geburtsnamens führt auch die Anfechtung der Ehelichkeit eines
Kindes, wenn aufgrund deren Begleitumstände die Familiennamen von Vater und
Mutter gemäss Art. 270 Abs. 1 und 2 nicht bzw. nicht mehr identisch sind
(Näheres bei BK-Hegnauer,
N 37 ff.).
14
Die Wirkungen
einer Namensänderung wegen Änderung des Kindesverhältnisses bestehen nicht
nur für den Namensträger oder die Namensträgerin selber, sondern unabhängig von
deren Alter auch für alle anderen Personen (Ehegatten, eheliche und
nichteheliche Kinder), die von diesem ihren Namen erhalten haben (Hegnauer, Kindesrecht, N 16.12
m.w.Nw.). Es bedarf daher einer weiteren, eigenen Namensänderung nach Art. 30
Abs. 1 dieser Personen, wenn sie eine solche von ihnen nicht veranlasste erste
Änderung ihres Namens abwenden wollen (BK-Hegnauer,
N 41 ff.; Häfliger,
239 ff.; ferner zu dieser problematischen Situation Hegnauer, ZZW 1990, 165, mit einem
Vorschlag für eine einschlägige Änderung des Art. 270).
IV. Behördliche Änderungen des
angestammten Familiennamens (Art. 30)
1.
Allgemeines
a) Traditionelle Namensänderung im
Bereich des Art. 270
15
Nach Art. 30 Abs.
1 kann einer Person die Änderung ihres Namens bewilligt werden, wenn hierfür
wichtige Gründe vorliegen. Dies bezieht sich auf die gesetzlichen Namen
natürlicher Personen (Art. 30 N 4), wofür die Familienennamen des Art. 270 Hauptanwendungsfall sind (vgl. ferner
Art. 160 N 14 ff. zur Änderung eherechtlich erworbener Familiennamen und
von Doppelnamen und u. N 41 zu jener von Vornamen). Dabei erlaubt Art. 30 Abs.
1 zunächst die behördliche Namensänderung wegen Nachteiligkeit des
bisherigen Namens als solchem, etwa weil dessen Lächerlich-, Hässlich- oder
Anstössigkeit einen wichtigen Grund hierfür ergibt (Art. 30 N 8 f.).
Für diese traditionellen Namensänderungen bestehen bei den nach Art. 270 Abs. 1
und 2 erworbenen Namen wenig Besonderheiten (vgl. jedoch zum
Namensänderungsverfahren N 33 ff.). Immerhin kann aber bei den durch
Abstammung erworbenen Namen gerade diese selber einen wichtigen Grund gemäss
Art. 30 Abs. 1 darstellen, so z.B. wenn der Namensgeber ein entehrendes
Verbrechen begangen hat (ZK-Bräm,
Art. 160 N 23; A. Bucher,
Personen, N 799).
b) Korrekturen des Namenserwerbs
nach Art. 270
16
Von den
traditionellen Namensänderungen (N 15) sind jene ebenfalls auf Art. 30
Abs. 1 gestützten zu unterscheiden, die nichts mit der Eigenart des bisherigen
Familiennamens (als solchem) zu tun haben, sondern auf die Korrektur der
gesetzlichen Namensordnung im Einzelfall abzielen (Art. 30 N 8, 10).
Von Sondertatbeständen abgesehen (N 27, 30 und 31 f.), geht es hierbei
zumeist um Namensunterschiede zwischen
Kindern und ihren Sorgeberechtigten, wie sie bei Scheidungs- und Waisenkindern
(N 20 ff.) sowie bei ausserehelichen Kindern (N 25 ff.) vorkommen können.
Solche Kinder tragen nicht den Namen der sozialen Familie, der sie besonderer
Umstände wegen angehören. In den heutigen Gesellschaft erwächst ihnen aber
allein deshalb, weil ihre Familienverhältnisse in den fraglichen
Namensunterschiede erkennbar werden, kaum ein Nachteil, so dass dieser
Unterschied für sich allein auch kein
wichtiger Grund nach Art. 30 Abs. 1 ist (BGer 5C.163/2002, E. 2.3 mit Nw.;
ferner statt vieler Hegnauer, Kindesrecht,
N 16.14). Hierfür muss das Kind vielmehr durch Führen seines von Gesetzes
wegen erworbenen Familiennamens anderweitig Nachteile erleiden, welche als
wichtige (den Allgemeininteressen an der Namenskontinuität vorgehende) Gründe
für eine Namensänderung in Betracht gezogen werden können (vgl. erneut BGer
5C.163/2002).
17 Wichtige
Gründe i.S.v. Art. 30 Abs. 1 liegen hier vor, wenn dem
Kind aus dem Führen seines angestammten Namens konkrete ernstliche soziale
Nachteile erwachsen (BGer
5C.97/2004; 5C.163/2002: BGE 126 I 1, 124 III 401, 121 III 147). Dafür sind
einzig sachliche Kriterien massgebend, wogegen eine Namensänderung aus rein
subjektiven bzw. gefühlmässigen Gründen ausser Betracht fällt (Art. 30 N 5).
Deshalb waren nach BGer 5C.97/2004 unter den dortigen Umständen durch die
Namenssituation verursachte körperliche
und seelische Symtome der betroffenen Kinder unbeachtlich (was m.E. die
gegenteilige Bewertung eigentlicher Erkrankungen solcher Kinder nicht
ausschliesst). Auch ist es kein wichtiger Grund für eine Namensänderung, seine
- z.B. balkanische - Herkunft
verschleiern und/oder in der neuen Famlie vergessen machen zu wollen (BGer
5C.163/2002, E. 3). Ebensowenig reichen durch einen fremd klingenden Namen
möglicherweise verursachte Schwierigkeiten
auf dem Arbeitsmarkt als Namensänderungsgrund aus, weil für die grosse
Mehrheit der Arbeitgeber (bzw. Lehrmeister) nicht anzunehmen ist, sie würde
sich von solchen Namen gegen Arbeitnehmer beeinflussen lassen (BGer
5C.163/2002, E. 3; a.M. VGer SZ, ZBL
2001–280). Diese ganze Bundesgerichtspraxis ist zutreffend (so auch Breitschmid, AJP 2003, 705 f., zu BGer
5C.163/2002), obschon mehrheitlich und mit beachtlichen Gründen kritisiert (Bucher, AJP 2005, 103 ff., Hausheer/Aebi-Müller, 259, N 16.39; Riemer, Personenrecht, 115 f., Rz 234
ff.; Rüfenacht, 64 f.). Im
übrigen ist es nicht geradezu willkürlich, von ihr abzuweichen (BGer
5P.152/2005, E. 3).
18
Die Namensänderung steht nicht im Belieben des Einzelnen, weshalb ein unbewilligtes Führen des neuen Namens grundsätzlich
kein wichtiger Grund für eine
Namensänderung hergeben kann. Vorbehalten bleiben allerdings Fälle, wo sich ein
solch neuer Name des Kindes ohne dessen wesentliches eigenes Zutun durch langen
Drittgebrauch im Verkehr durchgesetzt hat (offen gelassen in BGer 5C.163/2002,
E. 4.3; dazu auch Breitschmid,
AJP 2003, 706).
c) Familiennamensänderungen bei
Namensgebern nach Art. 270
19
Beim Namenserwerb
nach Art. 270 erhält das Kind bei seiner Geburt den Familiennamen seiner
(verheirateten) Eltern oder seiner (ausserehelichen) Mutter (vgl. aber
N 10). Eine spätere behördliche Familiennamensänderung von Eltern bzw.
einer ausserehelichen Mutter, erfolge diese im traditionellen Sinne (Art.
30 N 8 f., Art. 160 N 15) oder aus eherechtlich wichtigen Gründen
(Art. 160 N 16 ff.), erstreckt sich immer auch auf die (unmündigen)
Kinder. Deshalb ist nur eine gemeinsame Namensänderung von Eltern bzw.
ausserehelicher Mutter und Kind zulässig, was sich im Rahmen des Art. 270
Abs. 1 allein schon aus dem Grundsatz der Einheit des Namens der Familie (vgl.
Art. 160 N 1) ergibt (BK-Hegnauer,
N 46 ff.; dieser auch zu den Sonderfragen der Wirkungen von
Namensänderungen geschiedener Eltern und der ausserehelichen Mutter auf den
Namen des Kindes). Erst wenn das Kind mündig geworden ist, bleibt es von
Namensänderungen seiner Namensgeber nach Art. 270 unberührt (BGE 97 I 623, BK-Hegnauer, N 56; Häfliger, 91).
2. Namensänderung bei Scheidungs-
und Waisenkindern
a) Namenswechsel der obhutsberechtigten
Mutter nach Art. 119Abs. 1 ZGB
20
Die Ehescheidung
hat für die Namen allfälliger Kinder keine Rechtsfolgen, kann sich aber
gleichwohl auf deren Namenssituation auswirken. Wird ein Kind (wie meist)
seiner Mutter zugeteilt und hat diese trotzdem ihren früheren Namen wieder
angenommen (Art. 119 Abs. 1), entsteht eine Namensverschiedenheit zwischen
obhutsberechtigter Mutter und Kind. Diese kann nur mit einem Namenswechsel
des Kindes zum Namen der Mutter beseitigt werden. Dafür genügt diese blosse
Namensverschiedenheit als solche jedoch nicht (N 16), sondern eine
Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 kann nur erfolgen, wenn der angestammte Name dem Kind sozial ernstlich nachteilig ist (N 17).
Das trifft oft nicht wirklich zu, wobei neben den hierzu bereits genannten
Konstellationen (N 17) vor allem auch das Bestreben, im Umfeld des Kindes die
Erinnerung an dessen leiblichen Vater und früheren (nun ungebliebten) Ehemann
der Mutter möglichst vergessen machen zu wollen, kein wichtiger Grund für eine
Namensänderung ist (BGer 5C.97/2004, E. 3.3).
21
Eine
Namensänderung ist unter den erwähnten Voraussetzungen (N 20) auch bei Waisenkindern
zulässig, wenn der überlebende Ehepartner (d.h. im Regelfall die Ehefrau;
Art. 160 N 5 ff.) nach Auflösung der Ehe infolge Todes den vor der
Heirat getragenen Namen wieder angenommen hat (die Zulässigkeit einer solchen
Namenswahl überlebender Ehepartner ist allerdings umstritten; PraxKomm/Büchler, Art. 119 ZGB N 1, Hegnauer/Breitschmid, N 13.39,
beide m.w.Hw.).
b) Wiederverheiratung oder
Konkubinat der obhutsberechtigten Mutter
22
Bei der
Wiederverheiratung einer geschiedenen (oder verwitweten) Mutter kommt eine
Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 in Betracht, wenn ein Scheidungskind (oder
Vaterwaisenkind) mit dieser und deren neuem Ehemann, der nicht sein leiblicher
Vater ist, zusammenlebt. In solchen Fällen kann unter anderem ein Namenswechsel
des Kindes zum Namen des Stiefvaters dessen Namenseinheit mit seiner Mutter
und seinem Stiefvater herstellen. Allerdings ist der bloss allgemeine Hinweis
des Kindes auf die fehlende Einheit des Familiennamens für sich allein für eine
Namensänderung nicht genügend (N 16), bzw. gibt es - bei
Konkubinatsverhältnissen - einen gemeinsamen Familiennamen gar nicht. Wie auch
immer müssen für eine Namensänderung anderweitig wichtige Gründe gemäss Art. 30
Abs. 1 vorliegen, was oft nicht zutrifft (N 17).
23
Da indessen dem
Kind mit einer Adoption durch den Stiefvater dessen Namen verschafft
werden kann (Art. 264a Abs. 3), ist eine Namensänderung aus kindesrechtlich
wichtigen Gründen (N 16 f.) nur zuzulassen, wenn eine solche Adoption aus triftigen
Gründen unterbleibt (BK-Hegnauer,
N 106; diesem zustimmend Häfliger,
266). Könnte sich bei Scheidungskindern der (leibliche) Vater einer Adoption
allenfalls erfolgreich widersetzen, kümmert er sich also ernstlich um das Kind
(Art. 265c Ziff. 2), so kommt eine Namensänderung nach der hier vertretenen
Auffassung von vornherein nicht in Frage. In diesen Fällen liegt es gegenteils
im Interesse des Kindes, dessen Beziehung zu seinem Vater nicht über die
Scheidungsfolgen hinaus noch zusätzlich juristisch zu belasten.
24
Zu beachten ist
ferner auch, dass die Mutter bei ihrer Wiederverheiratung zumeist durch Annahme
eines eherechtlichen Doppelnamens wenigstens eine teilweise
Namensübereinstimmung herbeiführen kann. Dies darf aber einem
Namensänderungsgesuch deren Kindes jedoch grundsätzlich nicht entgegengehalten
werden (offen gelassen in BGE 124 III 404 f.), weil die Mutter schon
allein etwa im Hinblick auf künftige Kinder schützenswerte Interessen daran
haben kann, in der neuen Ehe unter einem Familiennamen nach Art. 160 Abs. 1 zu
leben.
3. Namensänderung bei
ausserehelichen Kindern
a) Heirat der Mutter
25
Sind die Eltern
eines Kindes nicht miteinander verheiratet, erhält dieses den Familiennamen der
Mutter und nicht jenen des Vaters (Art. 270 Abs. 2). Verheiratet sich diese
später mit einem Manne, der nicht der leibliche Vater des Kindes ist, kann
unter anderem ein Namenswechsel des Kindes zum Namen des Stiefvaters dessen
Namenseinheit mit seiner Mutter und seinem Stiefvater herstellen. Da der
Stiefvater das Kind aber auch adoptieren und ihm dadurch seinen Namen verleihen
kann, ist eine Namensänderung des Kindes nach Art. 30 Abs. 1 nur zuzulassen,
wenn eine Adoption aus triftigen Gründen unterbleibt. Trifft dies zu,
müssen für eine behördliche Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 (anstelle einer
gesetzlichen nach Art. 267) wichtige Gründe vorliegen (N 16 f.).
b) Besondere Beziehungen zum
leiblichen Vater
26
Der Erwerb des
Namens ausserehelicher Kinder von der Mutter (Art. 270 Abs. 2) kann beim
Vorliegen wichtiger Gründe (Art. 30 Abs. 1) durch einen Namenswechsel des
Kindes zum Namen des leiblichen Vaters korrigiert werden. Bei den heutigen
gesellschaftlichen Verhältnissen ist uneheliche Geburt, wie sie hier aus dem
Namen ersichtlich wird, jedoch niemandem nachteilig. Daher müssen dem Kind
durch seinen von der Mutter erworbenen Namen aber konkrete und ernsthafte
soziale Nachteile entstehen, die nicht bloss hypothetisch sind bzw. nicht bloss
auf Umständen beruhen, die sich noch gar nicht verwirklicht haben und die nicht
konkret vorhersehbar sind (BGE 126 III 1; o. N 17). Deshalb begründet
allein die Tatsache, dass ein Kind mit doppelter Staatsangehörigkeit den Namen
der Mutter trägt, bei der es in der Schweiz lebt, in den amtlichen Akten
Italiens aber unter dem Namen des Vaters eingetragen ist, noch keinen wichtigen
Grund für eine Namensänderung in der Schweiz (BGE 126 III 1; zustimmend Siehr/Gerstel, SJZ 97 80 f.,
ablehnend A. Bucher, SZIER 2001,
207 ff.)
27
Ist die Mutter
eines ausserehelichen Kindes unmündig, entmündigt oder gestorben oder ist ihr
die elterliche Sorge entzogen, kann diese unter den in Art. 298 Abs. 3
umschriebenen Voraussetzungen (Kindeswohl) dem Vater übertragen werden. Eine
solche Übertragung des Sorgerechtes ist per se – nämlich ein in
Art. 271 Abs. 3 festgelegter – ein wichtiger Grund im Sinne des Art. 30
Abs. 1, dem Kind eine Änderung seines nach Art. 270 Abs. 2 erworbenen Namen in
jenen des leiblichen Vaters zu bewilligen (Hegnauer,
Kindesrecht, N 16.14; Häfliger,
252 f.; zur Zweitrangigkeit der Interessen der Mutter in solchen Fällen
VGer ZG, ZGGVP 292). Ferner bleibt ein Wechsel zum Namen des leiblichen Vaters
auch denkbar, wenn ein aussereheliches Kind bei einem solchen aufwächst, ohne
dass ihm das Sorgerecht übertragen worden ist. In diesen Fällen ist aber neben
dem Vorliegen eines wichtigen Grundes nach Art. 30 Abs. 1 (N 17) im
Interesse des Kindes zu verlangen, dass dauerhafte Verhältnisse vorliegen, was
sich i.Allg. erst nach einiger Zeit beurteilen lässt (zur diesbezüglichen
Wartefrist BGE 105 II 246; 197 II 290; 109 II 179; 110 II 433; alle teilweise
überholt durch die in N 16 f. aufgeführte Judikatur).
c) Kinder aus
Konkubinatsverhältnissen
28
In
Konkubinatsfamilien erhalten die Kinder den Namen der Mutter (Art. 270 Abs. 2)
und nicht wie eheliche Kinder jenen des Vaters (Art. 270 Abs. 1). Von
vornherein ausgeschlossen ist in solchen Fällen die gewissermassen salomonische
Lösung, dem Kind einen Doppelnamen zu geben, der sich aus dem seiner Mutter und
jenem seines Vaters zusammensetzt (BGE 119 II 312 = Pra 1994, 389 f.).
Hingegen kommt in Betracht, in Konkubinatsfamilien einen Namenswechsel des
Kindes zum Namen des leiblichen Vaters herbeizuführen. Dadurch entsteht in
der Konkubinatsfamilie eine Namenssituation, die mit jener einer ehelichen
Familie vergleichbar ist, bei der der Mannesname Familienname ist und die
Ehefrau einen Doppelnamen angenommen hat (Art. 270/160 Abs. 2). Für einen
Namenswechsel dieser Art muss die Konkubinatsfamilie zunächst vor allem als
stabil erscheinen (zur diesbezüglichen Wartefrist o. N 27). Umgekehrt sind
sodann Namensänderungen von Kindern unverheirateter Eltern, die zwar eine
Lebensgemeinschaft bilden, aber nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben,
schlechterdings unzulässig (BGE 117 II 11 = Pra 1992, 131).
29
Konkubinatsverhältnisse
sind weit verbreitet und werden in der sozialen Umwelt i.Allg. ebenso wenig
negativ bewertet wie aussereheliche Kindesverhältnisse. Es ist somit einem Kind
auch kaum noch nachteilig, wenn aus seinem Namen seine aussereheliche
Abstammung erkennbar wird (N 26). Daher reicht allein die Tatsache eines
stabilen Konkubinatsverhältnisses zwischen der Mutter als Inhaberin der
elterlichen Sorge und dem Konkubinatspartner als leiblichem Vater für eine
Namensänderung des mit diesen in Hausgemeinschaft lebenden Kindes für eine
Namensänderung nicht aus. Vielmehr muss in solchen Fällen dargetan werden, dass
die für das Kind von Gesetzes wegen vorgesehene Führung des Namens der Mutter
(Art. 270 Abs. 2) konkrete und ernsthafte soziale Nachteile verursacht,
die als wichtige Gründe für eine Namensänderung in Betracht gezogen
werden können (o. N 17). Das kann etwa der Fall sein, wenn das Kind
faktisch einen anderen Namen erworben hat als den rechtmässigen und eine
Rückkehr zu letzterem seine Persönlichkeit einschneidend berühren würde (vgl.
o. N 18 sowie den Fall bei Breitschmid,
ZZW 1996, 41 ff., im Zusammenhang mit einer Namensänderung gemäss o.
N 20).
30
Unter den
Voraussetzungen nach Art. 298a, der seit dem 1. 1. 2000 in Kraft steht, kann
unverheirateten Eltern die gemeinsame elterliche Sorge für (gemeinsame)
Kinder übertragen werden, sofern dies mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Hierzu
ist eine kantonale Praxis zu beobachten (z.B. im Kanton Aargau), eine solch
gemeinsame elterliche Sorge im Rahmen des Art. 30 Abs. 1 als wichtigen Namensänderungsgrund
per se zu behandeln, der ohne weiteres einen Wechsel von dem nach Art. 270
Abs. 2 erworbenen Namen zum Namen des leiblichen Vaters ermöglicht. Dies wird
mit einem Analogieschluss aus Art. 271 Abs. 3 begründet, wo als gesetzlich
umschriebener wichtiger Grund (Art. 30 Abs. 1) eine Annahme des väterlichen
Namens als Folge der Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater vorgesehen
ist (N 27). Auch wenn sich der in Art. 271 Abs. 3 umschriebene Tatbestand
(Sorgerecht des Vaters anstelle eines solchen der Mutter) von dem
vorliegenden (gemeinsames Sorgerecht von Vater und Mutter)
unterscheidet, verdient die fragliche Praxis jedenfalls im Ergebnis volle
Zustimmung. Das gilt vor allem dann, wenn triftige Gründe das Konkubinatspaar
daran hindern, eine Ehe einzugehen.
4. Namensänderung zwecks
Beibehaltung des bisherigen Namens
31
Gesetzliche
Namensänderungen von Kindern können deren Interessen – namentlich mit
zunehmendem Alter – sehr zuwiderlaufen. Daher ist hier grundsätzlich eine
Namensänderung aus wichtigem Grund gemäss Art. 30 Abs. 1 (o. N 17)
möglich, welche die Beibehaltung des bisherigen Namens bezweckt. So kann bei
der Adoption das Adoptivkind aus wichtigen Gründen seinen bisherigen
Namen entgegen Art. 267 Abs. 1 beibehalten (BGE 108 II 3; 105 II 65;
Kasuistiken dazu bei BK-Hegnauer,
N 67 f.).
32
In den Fällen, in
denen wegen der Kausalität des Namenserwerbs eine Änderung des Kindesverhältnisses
zugleich eine Namensänderung bewirkt (N 13 f.), kann der bisherige
Namen beibehalten werden, wenn hierfür wichtige Gründe gemäss Art. 30 Abs. 1
(N 17) vorliegen (Einzelheiten bei Häfliger,
248 f. i.V.m. 233 ff.).
5. Verfahren der behördlichen
Namensänderung – Anfechtungsklage
33
Für das administrative
Namensänderungsverfahren im Bereich des Art. 270 gelten zunächst die
allgemeinen Regeln (vgl. Art. 30 N 13 ff.). Eltern können indessen
bereits aus materiellrechtlichen Gründen nur gemeinsame Namenänderungsgesuche
und nur solche unter Einbezug auch ihrer Kinder stellen (N 19). Bei
Namensänderungen von unmündigen Kindern allein ist ferner zu beachten, dass
zunächst demjenigen Elternteil, dessen Name aufgegeben werden soll, im
Bewilligungsverfahren Parteistellung einzuräumen und rechtliches Gehör zu
gewähren ist (BGE 124 III 51 = Pra 87514 f.; ferner Breitschmid, ZZW 1996, 46; Häfliger, 246 ff. sowie o. Art. 30
N 14). Diese Stellung kommt einem solchen Elternteil aber auch zu, wenn
das Kind seinen Namen nicht trägt bzw. nicht dieser Name geändert werden soll (A. Bucher, Personen, N 824,
Appellationshof BS, ZVW 2000, 250; offen gelassen in 124 III 51 = Pra
87514 f.). Keine derartige Parteistellung hat demgegenüber der Vater eines
volljährigen Kindes (BGE 97 I 619, 623 E. 4 b = Pra 61 Nr. 33) und der
Grossvater eines unmündigen Kindes (BGE 105 IA 281, 284 E. 2 b = Pra 69
Nr. 56).
34
Auch gegen
Namensänderungen im Bereich des Art. 270 sind nach allgemeiner Massgabe Anfechtungsklagen
möglich (Art. 30 N 21 ff.). Im vorliegenden Zusammenhang geht es
dabei aber weniger um echte Dritte als Kläger, denn um Verwandte, die gegen
eine Namensänderung eigene schutzwürdige Interessen einwenden (z.B. BGE 95 II
503 ff.), aber nicht in das administrative Bewilligungsverfahren mit
einzubeziehen sind.
35
Im administrativen
Bewilligungsverfahren ebenso wie im Anfechtungsprozess kann das Namensrecht als
lediglich relativ höchstpersönliches Recht auch vertretungsweise
ausgeübt werden (BGE 117 II 8 = Pra 1992, 128). Dabei ist eine gesetzliche
Vertretung durch die Eltern bzw. durch Sorgeberechtigte, obschon vielfach
geübt und von Gerichten hingenommen (vgl. z.B. BGer 5P.152/2005), m.E. ausgeschlossen.
In Namensänderungssachen unmündiger Kinder besteht stets eine zumindest
abstrakte und häufig auch eine ganz konkrete Interessenkollision, indem
die Interessen des Kindes am Ausgang des Verfahrens mit jenen der für sie
gesetzlich vertretungsberechtigten Person (d.h. im Regelfall mit jenen der
Mutter) oft nicht übereinstimmen, jedenfalls aber vor allem in Scheidungsfällen
nicht notwendigerweise übereinzustimmen brauchen. Das gilt nicht nur, aber vor
allem für gesetzliche Vertreter, denen in diesen Verfahren eigene
Parteistellung zukommt. Kann das Kind zufolge Urteilsfähigkeit in solchen
Fällen nicht ohnehin für sich selber handeln (Art. 19 Abs. 2), ist für
Namenänderungssachen schon bei bloss abstrakten Interessenkollisionen nach
Art. 392 Ziff. 2 i.V.m. 306 Abs. 2 eine Vertretungsbeistandschaft anzuordnen
(VGer ZG, EGVSZ 1999 10; Geiser zu
BGE 124 III 401 in AJP 1998, 1513; Hegnauer,
Kindesrecht, N 16.13).
V. Der Vorname
1.
Allgemeines
36
Die Vornamen
bilden zusammen mit den Familiennamen gesetzliche bzw. amtliche Namen der
natürlichen Personen (N 1). Dabei sind nicht nur ein, sondern auch in frei
wählbarer Reihenfolge mehrere Vornamen zulässig (A. Bucher, Personen, N 790), wobei
ihre insofern beliebige Schreibweise als unverbundene Doppelnamen («Hans
Peter») oder mit einem Bindestrich verbundene («Hans-Peter») erlaubt ist (ZZW
1971, 58 ff.; Werlen,
57 f.). Die Vornamen geniessen zusammen mit dem Familiennamen und u.U.
auch für sich allein – d.h. in Alleinstellung – den Namensschutz des ZGB (vgl.
Art. 29 N 4, 7).
37
Sind die Eltern
miteinander verheiratet, so bestimmen sie den (oder die) Vornamen ihres Kindes
(Art. 301 Abs. 4). Können sie sich über diese Vornamenswahl nicht
einigen, so kann jeder Elternteil dem Kind einen Vornamen geben, wobei die
Mutter den Vortritt hat (Hegnauer,
Kindesrecht, N 16.17: Appellationshof BS, ZVW 2000, 250; a.M. A. Bucher, Personen, N 785, wonach in
solchen Fällen die Vormundschaftsbehörde beizuziehen ist). Für Kinder nicht
miteinander verheirateter Eltern wählt nach Art. 37 Abs. 1 ZStV die Mutter den
bzw. die Vornamen, soweit diese das Sorgerecht nicht gemeinsam ausüben
(kritisch zum Ausschluss des Vaters von der Vornamenswahl A. Bucher, Personen, N 786). Ferner
kann dem Kind bei einer Adoption gemäss Art. 267 Abs. 3 ein neuer Vorname
gegeben werden. Für das Findelkind hat die zuständige Behörde sodann zusammen
mit dem Familiennamen auch einen Vornamen zu bestimmen (N 10).
2. Freiheit der Vornamenswahl
38
Gemäss ZGB gilt
der Grundsatz der freien Vornamenswahl (BGE 118 II 244). Dabei sind Vornamen
vom Zivilstandsbeamten nur bei offensichtlicher Verletzung der
Kindesinteressen zurückzuweisen (Art. 37 Abs. 3 ZStV), besteht also ein
liberales Vornamensrecht (EJPD in: ZZW 1994, 165; ferner Häfliger, 186 ff.). Daher sind
namentlich auch in der Schweiz sonst ungebräuchliche Vornamen wie «Osceola» und
«Ozzy» (RegRat AG ZZW 1994, 273 ff.) oder «Jacinta Rabea» (Appellationshof
BS, ZVW 2000, 250) zulässig, jedoch nur nach den geltenden Rechtschreiberegeln
eintragbar (ZZW, 2004, 35 ff.; Hausheer/Aebi-Müller,
256, N 16.26).
39
Die freie
Vornamenswahl kann gemäss Art. 37 Abs. 1 ZStV nicht bedeuten, dass lächerliche
oder absurde Vornamen wie «Wiesengrund» (BGE 107 II 26 ff.) oder
«Djonatan» (phonetische Schreibweise für «Jonatan»; BGE 119 II 401 ff.)
zulässig wären (vgl. A. Bucher,
Personen, N 788; Riemer,
Personenrecht, N 217; aufschlussreich, aber teils überholt zu lächerlichen
und absurden Vornamen Werlen,
22 ff.). Insoweit gelten die bundesgerichtlichen Grundsätze, wie sie noch
vor Einführung des Art. 69 bis aZStV (1. 7. 1994) bzw. des Art. 37 ZStV
entwickelt worden sind, nach wie vor, mag auch der eine oder andere Entscheid
im Ergebnis nicht mehr zutreffen (vgl. etwa BGE 119 II 401 ff.,
«Djonatan»; 118 II 243 ff., «Schmuki»; 116 II 505 ff., «Van Vleck»;
109 II 95 ff., «Wiesengrund»; 71 I 366 ff., «Mayor»; 69 I
61 ff., «Marisa»; weitere Bsp. aus der früheren Amtspraxis bei Conrad, ZZW 1993, 121 ff. und ZZW
1993, 396 ff. sowie bei Sturm,
ZZW 1987, 205).
40 Gemäss der früheren Fassung
des aArt. 69 ZStV waren auch Vornamen zurückzuweisen, die allein oder zusammen
mit anderen das Geschlecht des Kindes nicht eindeutig erkennen liessen.
Dieses strenge Geschlechtskriterium (von Werlen,
38, noch im Jahre 1981 als unbestritten bezeichnet) wurde schon in Art.
69 bis aZStV (Juli 1994) angesichts der Zunahme von Vornamen aus anderen
Kulturkreisen fallen gelassen, und es wird in der ZStV vom 28. April 2004 erst
recht nicht mehr erwähnt. Immerhin sind unzweifelhaft dem anderen Geschlecht
zugehörige Vornamen nach wie vor zurückzuweisen (EJPD in: ZZW 1994, 165; Hausheer/Aebi-Müller, 256, N 16.24)
3. Unveränderlichkeit des oder der
Vornamen
41 Da Vornamen Teil des
gesetzlichen Namens ihrer Träger bilden (N 1), sind sie wie die
Familiennamen grundsätzlich unabänderlich. Im Hinblick auf diese Namenskontinuität
können sie daher ebenso wenig wie Familiennamen in der Schreibweise
beliebig verändert bzw. durch andere Namen ergänzt oder durch neue ersetzt
werden. Vielmehr bedarf es hierfür einer Namensänderung gemäss Art. 30 Abs.
1, bei der hier aber geringere Anforderungen an den hierfür nötigen
wichtigen Grund zu stellen sind als bei den Familiennamen (vgl. z.B.
VerwGer SO, SJZ 1985, 9 «Uri»; Appellationshof BS, ZVW 2000, 250, «Jacinta
Rabea»; Bezirksgericht SG, SJZ 93442, Geschlechtsänderung als wichtiger Grund;
zur Paxis der Vornamensänderung einlässlich Häfliger,
52 ff., 192 ff.; Werlen,
68 ff.).